Kultur & Geschichte

Emil Jannings in Berlin: Aufstieg und Fall

Er spielte unter den größten Regisseuren seiner Zeit wie Sternberg, Lubitsch und Murnau und gewann 1929 den ersten deutschen Oscar als bester Hauptdarsteller. Emil Jannings war einer der ganz großen Stars der Weimarer Republik. Doch in den 1930er Jahren schlug der Schauspieler den falschen Weg ein, drehte NS-Propagandafilme, galt als Liebling von Goebbels und Hitler – und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von den Alliierten mit einem Berufsverbot belegt. Dennoch begegnet man Emil Jannings in Berlin nicht selten.

Jannings: Autobiografie & Starpostkarte

Theater – Film. Das Leben und ich

Jannings (1884 – 1950) schrieb seine Biografie bereits 1939, allerdings wurde sie wegen Zerwürfnissen mit seinem Verlag erst nach seinem Tod durch seine Witwe zur Veröffentlichung freigegeben. Viel ausführlicher als die Zeit seiner Karriere beschreibt er darin, wie der Wunsch Schauspieler zu werden während seiner Kindheit in ihm reifte, und seine ersten Schritte an kleinen Theatern. Diese waren von unzähligen Misserfolgen und brotlosen Phasen gekennzeichnet. Seinen ersten Auftritt in Zürich beschrieb er als „katastrophalen Durchfall“. Dadurch ließ er sich allerdings nicht beirren. Er arbeitete weiter an seinem Ziel und wurde 1914 schließlich mit einem Engagement am Deutschen Theater in Berlin belohnt.

Deutsches Theater Berlin

Allerdings war das auch eine bittere Pille, denn seine Konditionen waren mehr als schlecht: „Das sollte ein Vertrag sein? Das war eine Herausforderung! Die Gage betrug genau ein Viertel von dem, was ich in der Provinz verdiente“. Die Aussicht unter Max Rheinhardt zu spielen und sich damit einen Namen zu machen, überzeugten ihn aber doch. Alles in allem beschreibt er seine erste Zeit in Berlin als „eintöniges, verdrießliches Dasein“, aber mit wunderbaren Stunden als Schauspieler. Nach und nach stellte sich für ihn der gewünschte Erfolg auf der Bühne ein – bekannt wird er unter anderem als Dorfrichter in „Der zerbrochene Krug“ am Königlichen Schauspielhaus. Die Geldnot aber war geblieben, er musste „jeden Groschen dreimal umdrehen“ und so erklärt sich auch sein Wechsel zum Film, dem er eigentlich kritisch gegenüberstand.

Jannings große Filmkarriere

Kino war für Jannings zunächst „eine ausgesprochene Schaubudenangelegenheit“. Allerdings sah er nicht ohne Neid, dass „einige Kollegen schönes Geld mit diesem sonderbaren Gewerbe verdienten“. 1916 begann er seine Zusammenarbeit mit Regisseur Ernst Lubitsch. Dessen Historienfilm „Madame Dubarry“ bedeutete 1918 seinen Durchbruch beim Film. Der Hüne von 1,92 und kräftiger Statur spielte auf der Leinwand ebenso wie auf der Bühne bevorzugt Herrscher wie Heinrich VIII. „Der letzte Mann“, gedreht 1924 in Babelsberg, gilt bis heute als eines der Meisterwerke des Stummfilmkinos. Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau, der zudem für den Vampirklassiker „Nosferatu“ berühmt ist, soll Jannings dabei mit seiner Pedanterie zum Heulen gebracht haben.

Jannings war inzwischen auch international gefeiert und verließ Berlin 1926 Richtung USA, wo ihm seine Rolle in Sternbergs „Sein letzter Befehl“ 1929 den Oscar einbachte. Als der Tonfilm zunehmend an Bedeutung gewann, kehrte er nach Deutschland zurück und knüpfte mit „Der blaue Engel“ an seine Erfolge an.

Sammelkarte: Jannings als Unrat

NS-Zeit

Mit der Machtübernahme der Nazis begann Jannings, sich in deren Dienst zu stellen. Auch wenn er nie in die NSDAP eintrat, bekannte er sich doch öffentlich zur NS-Ideologie. Er spielte in zahlreichen Propagandafilmen wie „Robert Koch“ oder „Ohm Krüger“ die Hauptrolle, der in Deutschland bis heute nicht gezeigt werden darf. Nach dem durch die Alliierten erlassenen Berufsverbot zog er sich nach Österreich zurück, wo er wenige Jahre später an Leberkrebs verstarb.

Emil Jannings Berlin
UFA Aushangfoto

Deutsche Kinemathek

Trotz allem ist er Teil der Geschichte der Frühzeit des deutschen Kinos und hat auch einen Platz in der Deutschen Kinemathek am Potsdamer Platz. Bilder und Plakate rund um „Der blaue Engel“ findet ihr dort ebenso wie seinen Oscar!

Gossip

Ein bisschen Klatsch und Tratsch muss hier erlaubt sein, ich hab einfach zu gute Sachen gefunden, um sie nicht zu teilen. Unter Kolleg*innen war er wohl berüchtigt für seine zahlreichen Bordellbesuche und dafür, dass er sich dabei auch gerne mal mit der Peitsche traktieren ließ. Bei den Dreharbeiten zu „Der blaue Engel“ soll Sternberg ihm auf eigenen Wunsch ebenfalls gelegentlich ein paar Hiebe verpasst haben. Jedenfalls hat das Marlene Dietrich später so erinnert. Sie nannte ihn dabei auch einen „manchmal geradezu psychopathischen Hauptdarsteller“. Sein Papagei war wohl darauf trainiert „Nutte“ zu krächzen und man sagte ihm nach, beim Essen und Trinken der Völlerei zu frönen. Während des Zweiten Weltkrieges soll er im Nobelhotel Adlon im Bunker einen ordentlichen Teil des Weinkellers weggepichelt haben.

Hotel Adlon Berlin

Hauptstadtattraktionen

Nicht nur im Filmmuseum begegnet ihr Emil Jannings in Berlin – auch die Erlebnisattraktionen der Stadt werfen hier und da kleine Schlaglichter auf ihn. So auch das Little Big City am Fuß des Fernsehturmes. Anhand von Miniaturbauwerken und -figuren könnt ihr dort eine kleine Reise durch die komplette Berliner Geschichte unternehmen. Auch bekannte Persönlichkeiten wie Mata Hari oder die Gebrüder Sass finden sich inmitten der Kulissen und eben auch Jannings, der erste und bis dato einzige deutsche Schauspiel-Oscar-Preisträger. Und auch im 20er-Jahre-Bereich des Madame Tussauds in Berlin ist er zu sehen, allerdings nicht als Wachsfigur, sondern quasi als Beiwerk der Marlene-Figur.

Interessant ist, dass auf dem Plakat im Madame Tussauds Marlene Dietrich klar die wichtigere Person ist. Irgendwo hab ich gelesen, dass bei den Werbebildern im Lauf der Zeit ein deutlicher Wandel stattgefunden hat und Jannings als Zugpferd für den Film immer mehr von Dietrich verdrängt wurde.

Problematische Ehrung

Jannings bekam 2011 einen Stern auf dem Berliner Boulevard der Stars. Tatsächlich ist er nicht der einzige mit brauner Vergangenheit, der dennoch geehrt wurde. Ein weiterer zweifelhafter Star mit Sternchen ist die Drehbuchautorin Thea von Harbou, die aus ihrer Sympathie für die Nationalsozialisten keinen Hehl machte. Auf dem echten Walk of Fame in Hollywood hat er übrigens auch einen Stern, an seinen ehemaligen Wohnadressen in Berlin (Delbrückstr. 27 im Grunewald und am Kaiserdamm 111) gibt es allerdings keine Gedenktafeln. Kritischer waren übrigens die Bewohner seines Schweizer Geburtstortes. Der 2004 in Rorschach in den Boden eingelassene Stern für den berühmten Sohn der Stadt wurde nach kurzer Zeit wegen Protesten der Einwohner still und heimlich wieder entfernt. Ebenso regt sich seit einigen Jahren Protest in Potsdam gegen die Emil-Jannings-Straße. Mehrere Organisationen fordern deren Umbenennung.

Fazit

Der sympathischste Zeitgenosse war Jannings vermutlich nicht. Dennoch traurig, dass er sich auf die falsche Seite gestellt und seine Karriere so geendet hat. Ihr interessiert euch für die frühen Filmstars Berlins? Dann schaut doch auch bei Hans Albers und Asta Nielsen rein.

(Zitate stammen alle aus: Jannings, Emil: Theater – Film. Das Leben und ich, Berchtesgaden 1951)

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