Kultur & Geschichte

MXPSM – Berliner Likör mit Geschichte

Zwar besteht MXPSM erst seit 2022, die Geschichte der Manufaktur im Wedding reicht allerdings schon ganze 150 Jahre zurück – bis zur Gründung einer „Versuchsstation“ 1874 unter der Leitung eines Professor Dr. Max Delbrück. Wer etwas über die Historie des Unternehmens erfahren möchte und sich für traditionelle Likörherstellung interessiert, der kann an einer Führung teilnehmen und auch gleich noch ein bisschen was verkosten.

MXPSM Berlin
Das ist eigentlich das Ende der Story

Wie alles begann …

Gegründet wurde diese durch den Preußischen Staat geförderte „Versuchsstation“ vom „Verein der Spiritusfabrikanten in Deutschland“. Schon im nächsten Jahr kam eine Brennereischule hinzu, weitere Abteilungen folgten. Diese wurden 1897 dann zum „Institut für Gärungsgewerbe“ zusammengeschlossen und an der Seestraße angesiedelt. Bis vor wenigen Jahren wurde das riesige Gebäude zumindest noch für einen Bibliotheksbetrieb genutzt, inzwischen steht es leer. Optisch macht es allerdings einiges her, wenn man auf Lost-Place-Charme steht.

Institut für Gärungsgewerbe Berlin
Ehemaliges Institut für Gärungsgewerbe

Die Liköre, die bei den Versuchen entstanden, vertrieb man unter der Marke „Preußische Spirituosen Manufaktur“ (PSM), die es nach einer wechselvollen Geschichte bis heute gibt, inzwischen aber eben unter dem Namen „Michelberger X Preußische Spirituosen Manufaktur“ (MXPSM).

Institut für Gärungsgewerbe Berlin
Ob hier was Neues einzieht?

1909 entstand die „Abteilung für Trinkbranntwein und Liköre“, der die PSM angegliedert wurde … die Geschichte ging noch weiter, aber das Ganze ist ziemlich kompliziert und kleinteilig … darum rein in die Manufaktur, die in einem Gebäude direkt neben dem ausgedienten Institut untergebracht ist, einst die „Versuchslikörfabrik“.

Michelberger X Preußische Spirituosen Manufaktur

Drinnen erwarteten mich Anne und Stefan, um mich herumzuführen und mir alles über das Unternehmen und die Herstellung ihrer Liköre zu erzählen. Naja, wirklich alles natürlich nicht. Die Bücher mit den alten Rezepturen sind streng geheim. Aber Historisches bekommt ihr bei einer Führung trotzdem jede Menge zu sehen. Ein genialer Hingucker ist die Drogen-Duftorgel mit ihren unzähligen kleinen Fläschchen!

MXPSM Drogen-Duftorgel
MXPSM Drogen-Duftorgel

Allerdings, so erklärt es mir Destillateur Stefan, bedeutet Drogen in diesem Fall einfach nur Rohstoffe wie Früchte, Samen, Kräuter, Hölzer etc. Die Duftorgel war vor allem für Lehrzwecke da. Die Stoffe sind übrigens jeweils dreifach vorhanden, nämlich auch als Mazerat und als Destillat.

MXPSM
Jeder Rohstoff ist dreifach vorhanden

Wie Mazerat hergestellt wird, bekam ich dann auch gleich noch von Anne an einem alten Kupferkessel erklärt, wo gerade Ingwer mazeriert wurde. Von diesen Kesseln stehen dort noch einige rum, historische Überbleibsel wie die Apparatur von 1874.

MXPSM
Ein Original von 1874
MXPSM
Die alten Kupferkessel werden heute noch genutzt

Auch wenn man die antiken Geräte noch wunderbar nutzen kann, kaputt gehen sollten sie lieber nicht. Laut Stefan ist es fast unmöglich noch jemanden zu finden, der sie reparieren kann. Etwas neuer ist die Anlage von 1952, die auch gleich viel komplizierter aussieht.

MXPSM
Stammt aus dem Jahr 1952

Eine noch fast neue Brennanlage ist auch vorhanden, momentan allerdings vom Zoll versiegelt. Hier wird nämlich meistens bereits gebrannter Alkohol weiterverarbeitet und nicht selbst hergestellt. Falls doch, muss das beim Zoll vorab angemeldet werden. Da Alkohol sehr hoch besteuert wird, soll damit Schwarzbrennerei verhindert werden.

Zollsiegel an der Brennanlage

Neues und Klassiker

Historisches Fenster der PSM

Noch unter Dellbrück selbst entstand der „Adler Gin“, der erste Berlin Dry Gin, inzwischen eine eigene Gin-Klasse. Den produziert MXPSM zwar weiterhin, allerdings nicht mehr in der traditionellen Flasche, sondern mit dem neuen Logo, das einen kunstvoll stilisierten Flaschengeist darstellt. Und auch der „Kursfürstliche Magenbitter“ zählt zu den Klassikern aus der Geschichte der Manufaktur, die heute noch nach alter Rezeptur hergestellt werden.

Aber natürlich wird auch immer an neuen Kreationen gefeilt. Wer möchte, kann am Ende der Tour dann auch gleich im Hofladen ein paar verkosten. Als ich an dem Eierlikör nippte, erzählte ich von der leckeren Version meiner Mutter – sowas bekommt Stefan wohl ständig aufgetischt. Auch würden Leute immer ihr selbstgemachtes Zeug zum Probieren anschleppen, wenn sie hören, dass er Destillateur ist, und das sei immer furchtbar. Schade, dass ich nichts vom Likörchen meiner Mutter dabei hatte – ich hätte gerne sein Gesicht beim Trinken gesehen, haha! Von allem, was ich probiert habe, fand ich den Nuss Likör übrigens am besten! Aber ihr müsst natürlich keinen Alkohol trinken, ihr könnt auch einfach die Tour und die Geschichten genießen.

Übrigens kann man hier auch Spirituosen in Auftrag geben. Dafür braucht man aber natürlich etwas Geld und vor allem Geduld. Laut Stefan wird oft unterschätzt, wie lange es dauert, um wirklich guten Alkohol herzustellen. Kunden mit eigener Edition sind beispielsweise KPM, also die „Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin“ und auch die Serie „Babylon Berlin“ hat sich schon einen Gin und einen Wodka unter dem Namen „Babylon Berlin Spirits“ kreieren lassen.

Aperitif Bar im Sommer

In der warmen Jahreszeit öffnet gelegentlich eine Aperitif Bar im Vorgarten und auch ein Bistro ist gerade im Bau. Sah auch bei den doch noch sehr frischen Temperaturen sehr einladend aus. Schaut im Sommer einfach ab und an auf die Webseite von MXPSM, dort werden die Öffnungszeiten veröffentlicht.

MXPSM Aperitif Bar
Im Sommer geöffnet

Die monatlichen Führungen dauern ca. 2 Stunden und kosten 25 Euro pro Person. Ich kann sie euch sehr empfehlen, denn die Manufaktur ist im Prinzip ein Museum. Die nächsten Termine findet ihr hier – falls ihr teilnehmt, bringt unbedingt für Destillateur Stefan ein paar Kostproben von euren eigenen Alkerzeugnissen mit, der freut sich 😛

Ihr wollt mehr über alte Berliner Unternehmen lesen? Dann schaut auch in den Artikel „Sawade Berlin: Naschen mit Tradition“.

(Transparenz: ich habe für den Blog eine private Führung bekommen, die für mich kostenlos war)

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