Hauptrolle Berlin im Zoo Palast
Wer sowohl Kino- als auch Berlinfan ist, der sollte unbedingt die Veranstaltungsreihe „Hauptrolle Berlin“ kennen. Jeden ersten Dienstag im Monat zeigt der Zoo Palast einen Berlinfilm, bei dem nicht einfach nur mal der Fernsehturm oder die Oberbaumbrücke durchs Bild huschen, sondern die Stadt eine entscheidende Rolle spielt. Vorgestern wurde „Schöner Gigolo, armer Gigolo“ von 1978 mit David Bowie, Marlene Dietrich, Maria Schell und vielen weiteren Stars gezeigt.
Kino mit Tradition
An der Stelle, wo heute der 1957 eröffnete Zoo Palast steht, reicht die Kinotradition schon deutlich weiter zurück, denn schon 1919 eröffnete dort der Ufa-Palast am Zoo. Auch der war allerdings bereits ein Nachfolger und zwar des Cines-Palasts von 1912. Der heutige Zoo Palast, der unter anderem mit dem BIKINI ein Nachkriegsensemble bildet, sieht sich zwar durchaus in deren Tradition, aber nicht als Nachfolger. Denn die Geschichte des Ufa Palastes am Zoo ist nicht unproblematisch. Nach einer glanzvollen Zeit in den 20er-Jahren wurden das Lichtspielhaus von den Nazis für Hetz- und Propagandafilme genutzt, bis es am 23. November 1943 bei einem Luftangriff vollständig zerstört wurde. Doch auch wenn man das heutige Premiumkino nur für sich betrachtet, kann es immerhin auf 67 Jahre zurückblicken, in denen es lange Zeit auch Berlinale-Spielstätte war.
Hauptrolle Berlin
Seit inzwischen 9 Jahren findet die Reihe immer wieder Perlen aus der langen Filmgeschichte der Stadt, die jeden ersten Dienstag im Monat gezeigt werden. Anwesend ist dann meist auch jemand, der an dem Film mitgewirkt hat. Gerne gesehen hätte ich beispielsweise „Was nützt die Liebe in Gedanken“ von 2004 mit Daniel Brühl. Bei dessen Vorführung war der Regisseur Achim von Borries vor Ort. Oder „Der Einstein des Sex“ von 1999 über den Sexualforscher Magnus Hirschfeld, der im Beisein des Regisseurs Rosa von Praunheim gezeigt wurde.
Leider war mir bisher immer etwas dazwischengekommen, manchmal hab ich auch einfach zu spät mitbekommen, was gezeigt wurde – diesmal wollte ich allerdings uuuuunbedingt dabei sein.
„Schöner Gigolo, armer Gigolo“
Auf dem Programm stand ein Film, von dem ich schon viel gehört hatte, der aber kaum gezeigt wird. Zum einen, weil er bei den Kritikern 1978 nicht besonders gut weg kam, zum anderen, weil es von ihm keine restaurierte Fassung gibt. Die Qualität war also nicht die beste, das störte aber nicht.
Ich hatte ihn schon länger auf dem Schirm, weil darin Marlene Dietrich in ihrer letzten Rolle zu sehen ist. Die Hauptrolle wird allerdings von jemandem gespielt, der ebenfalls eng mit der Geschichte der Stadt verbunden ist: David Bowie.
Außerdem war als Stargast Sven Ratzke angekündigt. Und von dem bin ich, seit ich ihn in „Marlene“ im Renaissance-Theater gesehen hab, echt begeistert. Und der passte nicht nur wegen seiner Marlene-Interpretation gut zu dem Film – er tritt außerdem auch als David Bowie auf. Vorab gab es also ein Gespräch zwischen dem Kultur-Redakteur Peter Zander und Sven Ratzke. (Wer mehr darüber wissen will, der wird in der Morgenpost fündig: „Zwei Weltstars vor der Kamera – und doch wieder nicht“)
Ich saß übrigens in der ersten Reihe, weil gar nichts anderes mehr frei war, das war aber gar nicht so schlecht, denn ihr könnt dort euren Sitz zurücklehnen und die Füße vor euch auf Fußhockern ablegen.
Kult mit Mampe
Den Film fand ich ziemlich trashig und er hat echt grottenschlechte Dialoge – genau darum ist er total witzig. Ich hatte richtig Spaß. „Ich habe ein Schwein mitgebracht“ ist ja noch besser als „Ich hab eine Wassermelone getragen“! Plötzlich ergab es auch Sinn, dass ein Zuschauer ein Stoffschwein im Arm hatte. Überhaupt haben einige Leute aus dem Publikum den Streifen zelebriert, wie ich es sonst nur von der „Rocky Horror Picture Show“ kenne.
Wie sich herausstellte war das ein Bowie-Fanclub. Ich hatte mich noch mit meinem Sitznachbar verquatscht und als fast alle anderen weg waren, lud uns diese lustige Truppe auf ein paar Shots Mampe ein. Der traditionsreiche Berliner Kräuterlikör sorgt in dem Film für einige lustige Szenen und gilt darum wohl als DAS Bowie-Kultgetränk. Sogar Sven Ratzke hat noch mit uns angestoßen – manche Abende enden wirklich unerwartet.
Hauptrolle Berlin – Ereignis für Filmnerds
Auf der Homepage des Zoo Palastes könnt ihr immer die nächsten beiden Filme sehen, die in der Reihe gezeigt werden. Gerade interessieren sie mich nicht, aber ich war sicher nicht zum letzten Mal dort. Wart ihr schon dort? Und wenn ja, was habt ihr euch angesehen? Oder habt ihr noch andere tolle Tipps für Filmfans in Berlin? Dann freue ich mich über Kommentare!
2 Comments
Sabine Arndt
Wusste nicht, dass es diese Veranstaltungsreihe gibt, klingt voll interessant. Leider ist es unter der Woche nichts für Frühaufsteher, aber ich bin gespannt auf weitere Filmberichte von dir. Zumal das mit dem Schwein meinen Zitatehorizont erweitert hat 😄
Tina Hoffmann
Ich finde den Termin auch komisch, das würde sich doch sicher auch am Wochenende lohnen.
Das Zitat ist herrlich!