Führung durch das Renaissance-Theater Berlin
In letzter Zeit machen mir Führungen durch die Bühnen Berlins tatsächlich mehr Spaß als der Besuch abendlicher Vorstellungen. Auf diesen begehrten Termin musste ich mehrere Monate warten und ich war ziemlich vorfreudig, da es sich um einen wirklich schönen alten Veranstaltungsort handelt. Das habe ich bei der Führung durch das Renaissance-Theater Berlin erlebt.
Volles Haus im Renaissance-Theater Berlin
Als ich 15 Minuten vor Beginn ankam, stand schon eine richtige Menschentraube vor dem Eingang, der abends, wenn Licht durch die bunten Glasfenster fällt, deutlich beeindruckender aussieht. Ich fragte mich, ob zeitgleich vielleicht eine Lesung stattfinden würde? Stellte sich leider heraus, dass alle zur Führung angemeldet waren – 50 Personen. Uff, eine ganz schöne Menge. Begrüßt wurden wir vor dem Gebäude von Chefdramaturg Joachim Flicker, der interessierte Gäste immer selbst durch das Haus führt. Der Verkehrslärm von der Hardenbergstraße war echt lästig. Einen Teil der Infos zum Theater bekamen wir darum im kleinen Kassenraum.
Das Besondere am Renaissance-Theater in Charlottenburg ist, dass es das einzige in seiner Gesamtgestaltung erhaltene Theater Europas im Stil des Art déco ist. Von außen unter anderem an den geschwungenen Initialen RT an den Eingangstüren zu erkennen.
Eröffnet wurde das Theater im Jahr 1922, das Gebäude selbst ist allerdings schon älter. Es wurde 1902 zunächst als Vereinshaus errichtet, ab 1919 dann als Kino genutzt. Die Umgestaltung übernahm der Theaterarchitekt Oskar Kaufmann, der in Berlin auch die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz und das Hebbel-Theater entworfen hat.
Streifzug durch die Gestaltung & Geschichte
Während des 1,5 Stunden langen Rundganges durch das Haus bekamen wir von Flicker nicht nur viele historische Informationen, sondern auch zu etlichen Gestaltungselementen, die nicht immer leicht vom Jugendstil zu unterscheiden sind.
Wirklich beeindruckend ist das Bruckner-Foyer, benannt nach dem Schriftsteller Ferdinand Bruckner – ein Pseudonym, bei dem es sich tatsächlich um den ersten Direktor des Hauses, Theodor Tagger, handelte.
Nicht weniger schön ist der Vorraum zu den Toiletten, der aufgrund seiner Gestaltung als Beduinenzelt bezeichnet wird. Was es mit den Tierfiguren an den Wänden auf sich hat, ist heute nicht mehr bekannt, da diese nicht mal aus der gleichen Region stammen.
Der Theatersaal
Ein weiterer Blickfang ist der außergewöhnliche Theatersaal. Nicht nur wegen dem funkelnden Kronleuchter, sondern auch wegen der Verkleidung aus Rosenholz von 1926, die als Gesamtkunstwerk gilt. Wer sich die Intarsien genau ansieht, kann viele Details aus Perlmutt entdecken. Der Künstler war César Klein, dessen Tod inzwischen ziemlich genau 70 Jahre her ist. Das Wandkunswerk unterliegt somit nicht mehr dem Urheberrecht, wir sollen trotzdem lieber keine Fotos davon veröffentlichen, so Flicker.
Hier endete der Rundgang leider bereits. Wir durften nicht auf die Bühne, dahinter oder in andere Bereiche wie Garderobe oder Maske – eigentlich ja der Teil, der diese Theaterführungen so spannend macht, der Blick hinter die Kulissen. Auf der kleinen Bühne wäre der Platz mit den vielen Personen wohl auch sehr eng geworden und auch der Rest des Theaters mit nur 50 Festangestellten ist wohl sehr kompakt, trotzdem etwas enttäuschend.
Fazit zur Führung
Ich habe viel erfahren, was ich noch nicht wusste, und es war schon spannend, so richtig überzeugt hat mich die Führung aber nicht. Die Gruppe war viel zu groß und ich hatte alles auch schon bei Abendveranstaltungen gesehen. Wer allerdings an Geschichte und Architektur interessiert ist und noch nie drin war, der sollte unbedingt teilnehmen! Karten bekommt ihr auf deren Webseite, falls eine Führung ansteht.
Andere Häuser gewähren übrigens deutlich mehr Einblicke. Lest doch auch meine Artikel über das Berliner Ensemble, die Deutsche Oper oder die Komische Oper im Schillertheater.