Wald.Berlin.Klima: Wo Bäume sprechen
So oft wie diesen Sommer war ich in 20 Jahren nicht im Grunewald. Allmählich kenne ich mich richtig gut aus. Auf dem Lehrpfad Wald.Berlin.Klima war ich aber letztes Wochenende zum ersten Mal. Ich hab es ziemlich genossen, auch wenn mich sicher nicht jede Info interessiert hat. Aber hey, es gibt dort blaue Bäume, sprechende Bäume und glänzende Waldmistkäfer – die mag ich mit jedem Aufenthalt im Wald noch lieber. Genau wie Pilze.
Was erwartet euch auf dem Lehrpfad?
Wald.Berlin.Klima wurde 2017 eröffnet und behandelt entlang einer 4 Kilometer langen Strecke die Frage, wie die Berliner Forsten an den Klimawandel angepasst werden. Klingt trocken, ist auch so, aber trotzdem toll gemacht. Auch wenn ihr vielleicht keine Lust habt, euch Infografiken zu ökologischen Wechselwirkungen in Gewässern durchzulesen oder zur vertikalen Schichtung von Lebensraum – Stratifikation genannt – es gibt auch ein paar Highlights, die weniger wissenschaftlich daherkommen. Und Schildchen abseits der 11 Infoinseln mit netten Fun Facts. Vermutlich sind die eigentlich vor allem für Kinder gedacht? Verlaufen könnt ihr euch jedenfalls nicht: Leuchtend orange Pfähle sind immer in Sichtweite und leiten euch.
Die Ruhe genießen
Je weiter ihr vom Startpunkt gegenüber vom Grunewaldturm wegkommt, desto großflächiger werden die Wühlstellen von Wildschweinen neben den Wegen. Der Nabu schreibt in seiner Broschüre „Wildschweine in Berlin“, dass man in den Stadtwäldern „generell jederzeit mit Wildschweinen rechnen“ muss. Gruselt mich inzwischen nicht mehr. Zwar sind die Tiere wohl so an Menschen gewöhnt, dass sie nicht unbedingt die Flucht ergreifen, sie greifen aber in aller Regel auch nicht an, wenn man sich ruhig verhält und langsam rückwärts geht. Wie man am Ende reagiert, ist natürlich bei allem Wissen immer eine andere Sache. Ich bin jedenfalls in Kenia mal laut schreiend vor ein paar Affen weggerannt. In Berlin wurde ich bisher noch nicht auf die Probe gestellt. Außer Vögeln sehe ich im Wald meistens nur Mistkäfer. Die nehmen offensichtlich gerne die richtigen Wege und fühlen sich magisch von mir angezogen, wenn ich irgendwo sitze. Seltsam.
Seit ich auf dem Baumartenlehrpfad im Spandauer Forst war, erkenne ich übrigens nicht nur die ein oder andere Baumart – ich weiß jetzt auch, wie Krebsgeschwüre bei Bäumen aussehen. Ganz schön häufig, wenn man erstmal darauf achtet.
Und mich faszinieren Pilze. Schade, dass ich mich damit so wenig auskenne. Ich muss unbedingt mal eine Pilzführung mitmachen. (Der Moment, wenn du merkst, dass du allmählich schrullig wirst!)
Wie in allen anderen Hauptstadtwäldern auch, hab ich hier mal wieder so komische Korkgesichter entdeckt. Weiß jemand, was es damit auf sich hat? Ist das eine Art Schnitzeljagd? Konnte bisher nichts dazu finden.
Von sprechenden und blauen Bäumen
Bei Infoinsel 7 angekommen, gib’s eine echte Überraschung – eine interaktive Station. Wenn ihr an einem Rad kurbelt, fangen die Bäume an zu sprechen. Im Dialog sind drei der häufigsten Arten in den Berliner Forsten: Eiche, Birke und Kiefer. Die altehrwürdige Eiche wird gesprochen von Joachim Król – total genial! Hat mich an die Talking Statues in der Innenstadt erinnert.
Das hat mich ziemlich beschwingt und amüsiert. Genau wie einige der Kinderschilder. Eichelhäher und Eichhörnchen legen zur Verwirrung beispielsweise leere Verstecke an, wenn sie sich beobachtet fühlen. Ganz schön clever. Und dann wird der Wald plötzlich blau. Sieht irgendwie surreal und faszinierend aus, schön und auch so falsch.
Aber natürlich soll das nicht nur cool aussehen! Es handelt sich um einen halben Hektar Wald – so viele Bäume sind nötig, um den jährlichen CO₂-Ausstoß eines einzigen Berliners bzw. einer Berlinerin zu binden. Puh.
Wald.Berlin.Klima – mein Fazit
Ein bisschen muss man sich für das Thema schon interessieren, damit sich der Besuch lohnt. Allerdings sollte sich eigentlich jede*r damit auseinandersetzen. Dieser Sommer hat in Brandenburg gezeigt, dass reine Kiefernwälder brennen wie Zunder – dem Grunewald hat das diesjährige Feuer nicht ganz so viel anhaben können. Die weitestgehend unbemerkte Arbeit, die in den Berliner Forsten geleistet wird, ist also verdammt wichtig und wir sollten sie wertschätzen.
Was ihr vor Ort sonst noch unternehmen könnt, erfahrt ihr in meinem Artikel „Grunewald mit Kindern“ oder in meinem Ausflugsführer „Grüne Orte in Berlin, die Familien glücklich machen“. Ihr könnt es unter anderem versandkostenfrei direkt beim Verlag bestellen.