Kultur & Geschichte

Rosenstraße Berlin: Frauenproteste von 1943

Heute vor 79 Jahren zeigte sich, dass sich Zivilcourage, moralische Integrität und das Auflehnen gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit lohnen. Am 6. März 1943 wurden die ersten inhaftierten jüdischen Männer freigelassen, deren Frauen zuvor eine Woche lang in der Rosenstraße in Berlin protestiert hatten. Alle weiteren Gefangenen durften in den folgenden Tagen das ehemalige Gebäude der jüdischen Sozialverwaltung verlassen, das von der Gestapo als Gefängnis genutzt wurde.

27. Februar 1943: Fabrikaktion

Vorausgegangen war den Ereignissen in der Rosenstraße die sogenannte Fabrikaktion. Ende Februar 1943 wollten sich die Nationalsozialisten auch der letzten noch im Reichsgebiet verbliebenen Juden entledigen. Sie verhafteten am 27. Februar über 8.000 von ihnen – zuhause, bei der Arbeit, auf offener Straße. Alle in sogenannten Mischehen mit Nichtjüdinnen lebenden Männer sowie einige Frauen und Kinder wurden von den übrigen separiert und in der Rosenstraße 2-4 interniert. Aus den anderen 3 Sammellagern wurden in den kommenden Tagen nahezu alle Gefangenen nach Auschwitz deportiert.

Frauen versammeln sich

Schon abends sollen einige Frauen vor dem Gebäude in der Rosenstraße Auskunft über ihre Ehemänner verlangt haben. Und sie ließen sich nicht abwimmeln. Nach und nach kamen immer mehr dazu – trotz Versammlungsverbot. Zeitweise waren wohl rund 600 Personen anwesend. Auch die Rufe „Gebt uns unsere Männer wieder“ sind von Zeitzeug*innen belegt. Um die Frauen loszuwerden, soll die SS sogar Maschinengewehre in Stellung gebracht und mit Erschießung gedroht haben. Trotzdem protestierten die Angehörigen der Inhaftierten unbeirrt weiter bis zu deren Freilassung.

Gedenktafel Rosenstraße Berlin
Gedenktafel Rosenstraße 2

Vielfältiges Gedenken in der Rosenstraße Berlin

Vom S-Bahnhof Alexanderplatz erreicht ihr die Rosenstraße zu Fuß über die Karl-Liebknecht-Straße in etwa 5 Minuten. Die Gebäude dort in Mitte wie die Alte Synagoge haben den Krieg nicht überstanden, aber den Protesten gedenkt man hier auf vielfältige Weise. Beginn und Ende der Straße markiert je eine Litfaßsäule mit zahlreichen Dokumenten und Fotos zu den Ereignissen. Zudem gibt es eine Gedenktafel an der heutigen Hausnummer 2 sowie eine Skulptur von Ingeborg Hunzinger. Das Denkmal mit dem Namen „Der Block der Frauen“ von 1995 besteht aus mehreren Elementen. Es erinnert nicht nur an die Courage der Frauen in der Rosenstraße, sondern auch an die alltägliche Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung. Auf einer Stele findet ihr weitere Informationen zu dem Kunstwerk sowie die Inschriften.

Bei der jährlich stattfindenden Gedenkfeier in der Rosenstraße Berlin werden Kränze und weiße Rosen am Denkmal niedergelegt. Dieses Jahr hielt die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey eine Rede. Dabei lobte sie nicht nur den Mut der damaligen Protestierenden, sondern gedachte auch dem Leid, dem derzeit die Menschen in der Ukraine ausgesetzt sind.

Infotafel Alte Synagoge

Wenn ihr wissen wollt, wo genau die Alte Synagoge hier stand, dann geht von der Rosenstraße aus in die hintere rechte Ecke des kleinen Gartens. Dort versteckt sich eine Infotafel, auf der ihr auch sehen könnt, auf welchen Teil des Gotteshauses symbolisch mit Steinen im Boden hingedeutet wird.

Die Rosenstraßen-Proteste – bis heute umstritten

Bis heute herrscht unter Historiker*innen Uneinigkeit über die Ereignisse zwischen dem 27. Februar und dem 6. März 1943 in der Rosenstraße Berlin. Waren tatsächlich sogar bis zu 2.000 Personen an den Protesten beteiligt? Hatten die Nazis niemals vor, die bis dahin durch ihre Mischehe geschützten Juden zu deportieren? Oder wurde es nur im Nachhinein so dargestellt? Eigentlich ist das doch fast egal, denn es ändert nichts an der Tatsache, dass die Frauen damals mutig ihr Leben riskierten. Und auch den vielfach kritisierten Film „Rosenstraße“ mit Katja Riemann, Maria Schrader und Jürgen Vogel finde ich so schlecht nicht. Vielleicht ist er etwas kitschig und enthält auch Fiktion – er trägt dennoch zur Erinnerung bei.

Ihr interessiert euch für Frauengeschichte? Dann interessieren euch vielleicht auch meine Artikel zum Frauentag in Berlin, zu großen Frauenrechtlerinnen in Berlin, über die Rote Kapelle oder zum Filmfest FrauenWelten.

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