UFA-Traumpaar: Lilian Harvey & Willy Fritsch
Eigentlich sollte das ein Text über Lilian Harvey in Berlin werden, aber als ich im Internet nach alten Programmheften und Starpostkarten stöberte, fand ich Unmengen an Bildern von ihr und Willy Fritsch. Die beiden drehten gemeinsam etliche Filme und waren DAS Leinwand-Traumpaar der 30er Jahre. Also kommt hier mal was Neues: ein Paartext. Dafür bin ich unter anderem in „Berühmte Paare in Berlin und Brandenburg“ fündig geworden. Erinnerungsorte sind allerdings eher rar.
Lilian und Willy – ein Paar?
Auch wenn Lilian Harvey (1906-1968) und Willy Fritsch (1901-1973) auf den gemeinsamen Bildern noch so süß zusammen aussehen, sie waren nie ein Paar. Allerdings inszenierte die UFA Auftritte der beiden so, dass das Publikum das denken konnte oder sollte. Oliver Ohmann schreibt dazu in seinem Buch „Klappe!“: „Über einen sehr harmlosen anfänglichen Flirt kam ihre private Beziehung nie hinaus. Für das Millionenpublikum spielte dies jedoch keine Rolle. Harvey und Fritsch waren ein Traumpaar und was nicht ist, konnte ja noch werden, basta!“
Berühmte Filme & Duette
Ein Dutzend Filme drehte das Leinwandpaar gemeinsam, Musikkomödien die allesamt Publikumserfolge wurden. Beide waren echte Allround-Stars, die nicht nur in spritzigen Dialogen brillieren, sondern auch singen und tanzen konnten. Zu ihren großen Erfolgen zählten „Die Drei von der Tankstelle“, „Ein blonder Traum“ oder „Liebeswalzer“. Der Schluss stand dabei immer bereits fest: Das Traumpaar aller Deutschen musste sich am Ende in die Arme sinken. Die Lieder und Duette aus ihren Filmen wurden zu echten Evergreens, einige sind auch heute noch bekannt.
In der Deutschen Kinemathek, die inzwischen vorerst allerdings geschlossen hat, konnte man die beiden mit dem Film „Der Kongreß tanzt“ von 1931 als Paradebeispiel für die deutsche Tonfilm-Operette sehen. Platten, Bücher, Postkarten – Merch war auch damals schon angesagt.
Einige Filmausschnitte und Lieder könnt ihr euch bei YouTube ansehen. Mein Liebling ist „Ich wollt ich wär ein Huhn“ aus dem Film „Glückskinder“ von 1936. Harvey singt darin:
„Ich wollt‘ ich wär‘ ein Mann! / Wie herrlich hätt‘ ich’s dann? / Ich brauchte überhaupt nichts tun als schön mich auszuruhn. / Es hat zwar wie bekannt, / die Frau viel mehr Verstand, / doch darauf leist‘ ich gern Verzicht, denn Dummheit schändet nicht! / Ich wollt‘ ich wär‘ ein Mann! / Wie glücklich wär‘ ich dann? / Denn nur der Mann kann ganz allein der Herr der Schöpfung sein.“ „Gott sei Dank! Gott sei Dank! Gott sei Dank!“ singen darauf die Herren. Schaut euch das unbedingt mal an.
Übrigens wurden Filme damals gleich in mehreren Sprachen gedreht. Während die in London geborene Deutschbritin Harvey auch für die englischen und französischen Versionen ihrer Filme vor der Kamera stand, konnte Fritsch das nicht.
Ehemalige Wohnorte
Beide hatten während ihrer Zeit in Berlin mehrere Wohnorte. Für Lilian Harvey wurde in der Düsseldorfer Straße 47 eine Gedenktafel angebracht, wo sie von 1925 bis 1930 lebte. Das Haus war bei meinem Besuch leider eingerüstet, die Tafel konnte ich zum Glück trotzdem sehen.
Mit zunehmendem Erfolg konnte sich Harvey dann mehr leisten und bezog 1930 in der mondänen Ahornallee eine Villa mit der Hausnummer 16-17. Die steht heute nicht mehr, aber Harvey hatte dort wohl mehrere Schlaf- und Wohnzimmer, ein Musikzimmer mit Bechstein-Flügel, einen Salon sowie Terrasse und Garten.
Fritsch lebte eine Zeit lang am Kaiserdamm 95 in Charlottenburg, später hatte er eine Grunewald-Villa in der Griegstaße 27. Die ist meines Wissens nicht erhalten, aber ihr könnt sie hier auf dem linken Bild sehen.
Potsdam
Natürlich fanden viele Dreharbeiten der Harvey-Fritsch-Filme in Potsdam statt, dementsprechend könnt ihr dort auch fündig werden, vor allem natürlich im tollen Filmmuseum Potsdam. In Babelsberg gibt es eine Lilian-Harvey-Straße und der derzeit im Bau befindliche „Boulevard des Films“ in der Brandenburger Straße wird eine Bodenplatte von „Der Kongress tanzt“ erhalten. Einige Platten gibt es bereits, diese gehört aber noch nicht dazu.
Wie endete die gemeinsame Zeit?
In den späten 30er Jahren trennten sich die Wege des UFA-Traumpaares. Harvey tat sich unter den Nationalsozialisten im Filmbetrieb schwer und emigrierte 1939 nach Frankreich. Fritsch hingegen trat in die NSDAP ein und setzte seine Karriere fort, galt als eines der Aushängeschilder der NS-Unterhaltungsbranche. Auch nach dem Krieg spielte er weiter in Filmen, auch wenn der ganz große Erfolg vorbei war. Harvey hingegen hatte große Teile ihres Vermögens verloren und konnte im deutschen Film nicht wieder Fuß fassen. Haltung gegen die Nazis gezeigt zu haben, wurde auch anderen Stars im Nachkriegsdeutschland nicht gerade gedankt (um es nett auszudrücken). Wer sich arrangiert oder sogar kollaboriert hatte, konnte nach dem Zweiten Weltkrieg einfach weitermachen.
Diese von mir genutzten Bücher kann ich euch empfehlen: Kruse, Christiane: Berühmte Paare in Berlin und Brandenburg – Ein Ausflug zu ihren ehemaligen Wohnhäusern, Berlin 2015. Und: Ohmann, Oliver: Klappe! Geschichte der Filmstadt Berlin, Berlin 2022.
Ihr interessiert euch für Berliner Stars? Dann lest doch auch meine Texte über Marlene Dietrich, Hildegard Knef, Emil Jannings oder Hans Albers.