Kultur & Geschichte

Wie kam der Weihnachtsbaum nach Berlin?

Und schon wieder stehen die Weihnachtsfeiertage vor der Tür! Letztes Jahr gab es hier eine kleine Geschichte über Weihnachten in der Hauptstadt, dieses Jahr wird es etwas Spezieller: es geht um die Geschichte des Weihnachtsbaumes in Berlin. Den Text hatte ich schon vor ein paar Wochen für die Weihnachtsbeilage des Berliner Verlages geschrieben, da diese nicht online ist und viel zu schade für die Versenkung, hier das Ganze noch in leicht abgewandelter und bebilderter Form …

Weihnachtsbaum Berlin
Weihnachtsbaum in den Hackeschen Höfen

Die Anfänge im 18. Jahrhundert

Der erste geschmückte Weihnachtsbaum ist in Berlin für das Jahr 1755 verbürgt. Er stand im Haus des Kaufmanns Johann Ernst Gotzkowsky und war mit versilberten und vergoldeten Kartoffeln dekoriert. Damals allerdings eine Ausnahme, denn bis ins Jahr 1800 standen hier vor allem Weihnachtspyramiden, die auf Weihnachtsmärkten angeboten wurden. Traditionell bestanden die Berliner Pyramiden aus vier Stäben, die mit Reisig, Buchsbaum oder Papier umwickelt und mit Kerzen bestückt wurden. Zwar geriet dieser Brauch zunehmend in Vergessenheit, im „Weihnachtshaus“ des Museums Knoblauchhaus im Nikolaiviertel, das alljährlich in das vorweihnachtliche Berlin der Biedermeierzeit entführt und unbedingt einen Besuch wert ist, können Interessierte ein Exemplar bewundern.

Berliner Pyramide im Weihnachtshaus

Der erste Lichterbaum Berlins ist für das Jahr 1780 verbürgt und wird im autobiografischen Roman „Anton Reiser“ des Schriftstellers Karl Philipp Moritz beschrieben.

Das Weihnachtsfest in Berlin wandelt sich

Mit dem ausgehenden 18. Jahrhundert verändert sich das Weihnachtsfest allmählich. Vor allem in der Zeit des Biedermeier ab 1815 wird es zunehmend familiär, besinnlich und gemütlich. Weihnachtsbäume sind zunächst allerdings dem reichen Bürgertum vorbehalten, denn die ärmere Bevölkerungsschicht kann sich den Luxus schlicht nicht leisten. Damals werden die Bäume noch per Kutsche aus der Lausitz oder dem Harz nach Berlin transportiert. Der Baumschmuck hatte zu dieser Zeit nicht zwangsläufig mit christlicher Symbolik zu tun. 1822 beschrieb die Autorin Lili Parthey (1800-1829) den in ihrer Familie aufgestellten „ägyptischen Tannen- und Weihnachtsbaum“ als mit Datteln, Feigen, Rosinen und Mandeln sowie mit selbstgebastelten Pyramiden, Obelisken, Schlangen und ägyptischen Gefäßen geschmückt. Der Weihnachtsbaum wurde damals zu nichts weniger als dem Symbol familiärer Zusammengehörigkeit.

Weihnachtsbaum Berlin
Historisch geschmückter Weihnachtsbaum im Knoblauchhaus 2023

Speziell in Berlin soll es damals den Brauch gegeben haben, den Baum mit der Spitze nach unten an die Decke zu hängen. Warum ist allerdings nicht verbürgt und durchgesetzt hat es sich auch nicht – auch wenn das Dark Matter in Lichtenberg bei seiner weihnachtlichen Lichtinstallation „Winterlights“ Tannenbäume wie Sterne vom Himmel baumeln lässt. Anschauen könnt ihr euch das Light-and-Sound-Spektakel noch bis 5. Januar 2025.

Weihnachtsbäume für alle

Ab 1840 sorgte eine technische Innovation dafür, dass der Weihnachtsbaum auch für ärmere Haushalte erschwinglich wurde. Nun konnten die Bäume statt mit der Kutsche per Eisenbahn vom Harz nach Berlin transportiert werden. Es entwickelten sich ganze Weihnachtsbaumplantagen und die Bäume wurden in riesigen Zügen herbeigeschafft. Sie wurden an großen Umschlageplätzen wie beispielsweise dem Anhalter Bahnhof an Zwischenhändler versteigert und von diesen dann auf Weihnachtsbaummärkten verkauft. Diese fanden unter anderem am Leipziger Platz, am Arkona Platz oder am Gendarmenmarkt statt. Um das Jahr 1870 hatte sich der Weihnachtsbaum als Schmuck für die Festtage fest etabliert. 

Weihnachtsbäume in Berlin und Technik

Der technische Fortschritt sorgte in Berlin dann im Jahr 1885 für einen weiteren Meilenstein: Der Elektrotechnische Verein in Berlin präsentierte bei einer öffentlichen Weihnachtsfeier einen Baum, den ganze 90 elektrische Kerzen zum Strahlen brachten. Das war damals aber noch sehr kostspielig und setzte sich darum erst in den 1920er Jahren durch. Ebenfalls 1885 wurden Christbäume in den Berliner Kirchen eingeführt. Zunächst in den evangelischen Gotteshäusern, bis Ende des Jahrhunderts dann auch in den katholischen.

Christbaumschmuck im Wandel

Noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Bäume bunt geschmückt. Mit der Jahrhundertwende und dem Jugendstil kam der Trend der einheitlichen Farbgebung beim Baumschmuck auf. Vor allem Weiß stand hoch im Kurs. Schwäne aus Glas und silbernes Lametta prägten den Jugendstilbaum. Eine Zäsur in der Entwicklung des Christbaumschmuckes stellte der Erste Weltkrieg dar. Zwischen 1914 und 1918 hing der sogenannte patriotische Weihnachtsbaumschmuck in Form von Kanonen, Zeppelinen und Bomben an den Zweigen. Das kann man sich heute kaum noch vorstellen.

Das Aufkommen der Volksweihnachtsbäume

Die 1920er Jahre, die heute gerne als die Goldenen Zwanziger erinnert werden, waren für viele Berlinerinnen und Berliner geprägt von Armut und Mangel. Viele konnten sich einen eigenen Weihnachtsbaum nicht leisten. Ab 1919 wurden darum auf den großen Plätzen in der Stadt „Volksweihnachtsbäume“ aufgestellt. Ein Jahr später stand im Lustgarten eine 10 Meter hohe Tanne und auch eine öffentliche Weihnachtsfeier wurde dort veranstaltet. Der Trend hat sich durchgesetzt. Auch heute noch funkeln rund um die Hauptstadt riesige Tannen um die Wette: ob vor dem Brandenburger Tor, am Kanzleramt oder an der Gedächtniskirche. Eigentlich dachte ich ja, dass ich davon dutzende Bilder hätte, aber stellte sich heraus, dass ich nur ein sehr armseliges vom Brandenburger Tor habe. Aber das werde ich die nächsten Tage noch ändern …

Weihnachtsbaum Berlin
Weihnachtsbaum Brandenburger Tor 2023

Wo steht eurer Meinung nach der schönste Berliner Weihnachtsbaum? Verratet es mir in den Kommentaren!

Genutzt habe ich vor allem das Buch „Berliner Weihnacht“ von Kaija Voss, das ich sehr interessant finde. Außerdem Folge 87 des genialen Podcasts 100% Berlin:Enthüllt! Die größten Weihnachts-Mythen aus Berlin“ sowie die Folge „Weihnachten in Alt-Berlin“ des History Podcasts mit Oliver Ohmann.

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