Kultur & Geschichte

Seltene Einblicke ins Palais am Festungsgraben

Und zack ist schon wieder ein Jahr vorbei. Letztes Wochenende war mal wieder der Tag des offenen Denkmals und ich habe mich dieses Jahr zum ersten Mal vorab zu Veranstaltungen angemeldet und eine der seltenen Gelegenheiten genutzt, um das Palais am Festungsgraben von Innen zu besichtigen. Obwohl es sehr prominent zwischen Maxim Gorki Theater, DHM und hinter der Neuen Wache steht, fristet es eher ein Schattendasein in der historischen Mitte.

Programmhefte zum Tag des offenen Denkmals

Rundgang mit Palaisfräulein

Obwohl es deutlich über 30 Grad hatte, empfing uns Ildiko Bognar in einem prächtigen Theaterkostüm mit Schleppe, um uns stilvoll als Palaisfräulein durch die Räume zu führen. Von der Pressesprecherin des Theaters im Palais erfuhren wir, wie es zum Zusatz „am Festungsgraben“ kam. Tatsächlich befand sich an dieser Stelle im 17. Jahrhundert eine Befestigungsanlage für die Stadt, erbaut in „freiwilliger“ unbezahlter Arbeit durch die Berlinerinnen und Berliner. Allerdings war man etwas spät dran und bei der Fertigstellung war die Anlage nutzlos, weil Waffen inzwischen einfach darüber schießen konnten. Der Stichkanal füllte sich im Laufe der Zeit mit grünem, stinkendem Abwasser und so durften die Einwohner*innen 60 Jahre später die Befestigungsanlage „freiwillig“ und unbezahlt wieder abbauen. Der Name ist geblieben.

Palais am Festungsgraben Berlin
Palais am Festungsgraben in Berlin

Das Palais am Festungsgraben selbst wurde 1751 bis 1753 errichtet und hieß damals „Palais Donner“. Benannt wurde es nach dem Kammerdiener Friedrichs II., der das Grundstück von seinem Arbeitgeber geschenkt bekam. In dem Gebäude lebte Johann Gottfried Donner mit seiner Familie, aber es wurde auch noch anderweitig genutzt, unter anderem durch eine Theatergruppe. Schon 1887 verkaufte Donner das Palais an die königliche Finanzbehörde, die dort auch eine Wohnung für den preußischen Finanzminister einrichtete. Dass hier repräsentiert wurde, sieht man auch gleich beim Reinkommen am Treppenhaus.

Palais am Festungsgraben Berlin

Schinkelzimmer

Ein schmuckes Highlight ist das Schinkelzimmer. Allerdings hat Schinkel den Raum nicht für das Palais entworfen, es befand sich ursprünglich im Weydingerhaus in der Unterwasserstraße. Bei dessen Abriss 1934 wurde das Zimmer gerettet und ins Palais am Festungsgraben versetzt.

Palais am Festungsgraben Berlin
Das Schinkelzimmer im Palais am Festungsgraben

Der Marmorsaal im Palais am Festungsgraben

Noch prächtiger und deutlich größer ist der Marmorsaal, an dessen Decke ein riesiger Kronleuchter hängt. Beim Blick nach oben könnt ihr in den vielen Details die Köpfe bedeutender Komponisten und Schriftsteller entdecken – spontan erkennen konnte ich Shakespeare, Mozart und Bach.

Wer genau hinschaut, dem fallen hier (und auch an einigen anderen Ecken im Gebäude) immer wieder Klebezettelchen auf. Dort wurden bereits Material- und Farbproben entnommen, denn das Palais sollte eigentlich saniert werden. Die Kosten sind dann aber explodiert (huch?!) und dann wurde beschlossen, dass man das doch erstmal nicht macht. Jedenfalls nicht vor 2027. Eigentümer ist übrigens das Land Berlin, dem durch die jetzige Nichtnutzung der prächtigen Räumlichkeiten Einnahmen in Millionenhöhe verloren gehen. Durch den Marmorsaal gelangt man dann noch in 3 Salons, in denen ganz offensichtlich auch schon ein bisschen gewerkelt wurde.

Falls ihr euch über meine Fotos wundert: In der Gruppe waren außer mir noch 45 andere Neugierige. Ich konnte darum die Räume nicht im Ganzen fotografieren, sondern vor allem nach oben hin. Auf den kleinen Balkon durften wir während der Führung übrigens auch.

Theater im Palais

Unsere letzte Station war der Veranstaltungssaal des Theaters. Dort war gerade das Bühnenbild für die Premiere von „Kurt Tucholsky: Gegen einen Ozean pfeift man nicht an“ fertig geworden. Berühmte Berliner Persönlichkeiten – wie Marlene Dietrich oder Hildegard Knef – sind ein Schwerpunkt des Theaterrepertoires.

Bühnenbild von „Kurt Tucholsky: Gegen einen Ozean pfeift man nicht an“

Die Geschichte des Theaters ist auch sehr spannend: 5 Schauspieler*innen des „Theater im Palast“, die nach der Wende arbeitslos geworden waren, besetzten einen Raum im Palais und gründeten dort ein eigenes Theater. Podeste zum Sitzen zimmerten sie sich selbst. Heute hat das Theater eine Maximalbestuhlung von 99 Plätzen, seit Corona stehen allerdings weniger Stühle im Raum, stattdessen gibt es nun kleine Tische. Warum 99? Ab 100 Plätzen muss bei jeder Veranstaltung jemand von der Feuerwehr anwesend sein.

Theater im Palais

Fazit: spannende Führung

Führungen durch das Palais am Festungsgraben gibt es leider nur unregelmäßig, aber sollte sich euch mal die Gelegenheit bieten, dann nehmt sie unbedingt wahr. Ich wusste bisher tatsächlich nichts von Schinkelzimmer und Marmorsaal, konnte also wieder einiges entdecken. Wart ihr dieses Jahr beim Tag des offenen Denkmals?

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