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Buchstabenmuseum Berlin – typografische Stadtgeschichte

Über 175 soll es geben. Zumindest ist das die Zahl, die man ausgespuckt bekommt, wenn man nach der Anzahl an Museen in Berlin googelt. Wahrscheinlich hat niemand alle besucht. Vom Buchstabenmuseum hatte ich schon oft gehört, war auch nicht abgeneigt, aber so wichtig war es dann auch wieder nie gewesen. Nun bin ich für eine Recherche aber doch mal hin und war ziemlich begeistert – Flashbacks inklusive.

Buchstabenmuseum Berlin

Buchstabenmuseum? Was ist das?

Die Frage meiner Tochter haben sich sicher auch schon viele andere gestellt. Der gemeinnützige Verein „Buchstabenmuseum e.V.“ rettet Buchstaben oder Schriftzüge, die aus verschiedenen Gründen von Gebäuden abgenommen werden und im Normalfall entsorgt würden. Hotels, Restaurants oder Läden – etliche davon prägten mit ihren Leuchtbuchstaben jahrzehntelang das Stadtbild. Werden sie geschlossen oder wollen ihr Design modernisieren, wandern die teilweise riesigen Typografien in den Müll. In den Stadtbahnbögen von Bahnhof Bellevue stellt das Buchstabenmuseum zahlreiche davon aus. Das beste daran: viele davon sind typisch Berlin. Als großer Filmfan fand ich die Schriftzüge alter Kinos besonders schön.

Buchstabenmuseum Berlin
Schriftzug der Zille-Stube

Sonderausstellung „Final Sale“

Neben der Dauerausstellung zeigt das Museum auch wechselnde Sonderausstellungen. Derzeit könnt ihr mit „Final Sale“ – verlängert bis Herbst 2024 – einen spannenden Rückblick in den Niedergang großer Kaufhausketten in den letzten 2 Jahrzehnten bekommen. Manches hatte ich schon total vergessen. Beispielsweise wie die entlassenen Hertie-Mitarbeiter*innen 2009 das rote Logo in der Spree versenkten. Dort durfte es allerdings nicht bleiben und wurde nach seiner Bergung dem Buchstabenmuseum übergeben.

Hertie-Schriftzug aus der Spree

Den besten Flashback hatte ich allerdings durch diese 9 Buchstaben:

Buchstabenmuseum Berlin
Sexshop-Logo

Jaaa, stimmt, das gab’s ja mal! Ein Schriftzug, den man früher wirklich oft gesehen hat, aber aus den Augen, aus dem Sinn. Dabei hat das Unternehmen eine so spannende Geschichte. Gegründet 1946 von der früheren Luftwaffenpilotin Beate Uhse, brachte es zunächst eine Aufklärungsbroschüre heraus, 1951 folgte dann ein Versandhandel und 1962 der erste Sexshop weltweit. Nicht in Berlin, sondern in Flensburg. Die Pionierin wurde hundertfach verklagt, konnte sich aber durchsetzen und Erotikartikel salonfähig machen – bis das Internet den Untergang einläutete. Schlecker, Quelle, Wertheim oder Karstadt sind weitere einst große Namen, die jetzt nur noch museumstauglich sind.

Buchstabenmuseum Berlin

Witzig fand ich, dass das KaDeWe auch Teil der „Final Sale“-Ausstellung ist. Laut Infotext als „Ausnahme“. Da das Luxuskaufhaus gerade Insolvenz angemeldet hat, wirkte das auf mich allerdings eher wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.

Die Dauerausstellung

Wenn ihr in die Dauerausstellung kommt, wirkt alles erstmal eher wie ein Lagerraum, in den Sachen geworfen wurden. Bei genauerem Hinsehen steckt aber doch System in der Aufmachung: die Buchstaben sind nach Farben sortiert, einige mit interessanten Texten zu ihrer Geschichte versehen und manche sind kleine Wortspielereien. Die „Lederwaren“ beispielsweise, deren „W“ restauriert wurde und aus dem Rest dann eben „Leder Erna“ entstand.

Buchstabenmuseum Berlin
Leder Erna

Da ein großer Teil der geretteten Schriftzüge aus Berlin stammt und hier nunmal in vielen Namen der Stadtname steckt, gibt es besonders viele „B“s. Teilweise echt gigantisch groß, das fällt einem an Fassaden oft gar nicht auf.

Buchstabenmuseum Berlin
Besonders oft: B

Nützliches für euren Besuch im Buchstabenmuseum

Geöffnet ist von Donnerstag bis Sonntag von 13 bis 17 Uhr. Der Eintritt kostet 12, ermäßigt 6,50 Euro, Kinder bis 14 Jahre sind kostenlos. Wer alles ermäßigungsberechtigt ist, könnt ihr auf der Webseite des Museums nachlesen. Da sich die Ausstellung direkt unter den S-Bahngleisen befindet, kommt ihr am besten ganz bequem mit den Öffis über die Haltestelle „Bellevue“. Ich habe alles gelesen und war nach 45 Minuten durch. Mehr als 1 Stunde braucht ihr für den Besuch also nicht einplanen. Insofern ist der Ticketpreis nicht ganz billig, aber die Idee finde ich auf jeden Fall unterstützenswert. Falls ihr ein Abundo-Abo habt, könnt ihr derzeit übrigens auch darüber reinkommen. Und außerdem: Vergesst wie Wow Gallery – auch im Buchstabenmuseum könnt ihr coole Bilder machen 🙂

Buchstabenmuseum Berlin
Selfie-Pro

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