Familie

„Be the first bird“: Übernachtung auf dem Friedhof

Ja, ich habe wirklich auf einem Friedhof übernachtet und sogar völlig legal! Es ist einfach immer wieder verblüffend, was man in Berlin alles erleben kann, wenn man die Augen offen hält oder die richtigen Newsletter abonniert. Wer sich für Stadtnatur interessiert, der bekommt beispielsweise vom „Umweltkalender Berlin“ wöchentlich unzählige tolle Veranstaltungstipps – wie dieses Familienevent auf dem Friedhof St. Elisabeth II im Wedding. Letzten Samstag war ich mit meinen Lieben bei „Be the first bird“ dabei.

Die Idee der Friedhofsübernachtung

Das Projekt wird mit Mitteln der Stiftung Naturschutz Berlin gefördert und richtet sich vor allem an Kinder, die für die biologische Vielfalt in der Stadt sensibilisiert werden sollen. Innerstädtische Friedhöfe stellen vor allem für Vögel ein wahres Naturjuwel dar, der Fokus liegt darum auf Piepmätzen. Da diese vor allem vor Sonnenaufgang ihre Gezwitscher anstimmen, wurde das Vogellauschen mit einer Übernachtung verknüpft. Die war für mich tatsächlich der entscheidende Grund, warum ich unbedingt dabei sein wollte. Wann hat man schon mal eine solche Gelegenheit? Schlafplatz waren die Kapelle und deren Veranda.

be the first bird Berlin: Kapelle
be the first bird Berlin: Kapelle
Kapelle auf dem Friedhof St. Elisabeth II

Abendprogramm

Um 18 Uhr sammelte der Veranstalter Michael Grosch die Teilnehmenden am Eingang des Friedhofs in der Wollankstraße ein – ich war ziemlich vorfreudig und aufgeregt! Gemeinsam spazierten wir dann durch eine Allee Richtung Kapelle.

Weg zur Kapelle

Dort war der zweite Waldpädagoge Felix bereits mitten in den Vorbereitungen für die ersten Spiele und Infos. Jeder bekam erstmal einen Vogel zugewiesen. Ich war ein Rotkehlchen, was ich sehr passend fand. In der Vorstellungsrunde stellte sich heraus, dass alle anderen tatsächlich hobbymäßig Vögel beobachteten und einiges an Vorwissen mitbrachten. Das war allerdings nicht nötig, Micha und Felix gaben uns eine kleine Einführung in das städtische Gezwitscher. Vögel in der Stadt singen beispielsweise viel lauter als ihre Artgenossen auf dem Land, weil sie gegen so viele Geräusche anzwitschern müssen. Und Spatzen tummeln sich lieber dort, wo richtig was los ist und auch mal ein paar Krümel runterfallen.

be the first bird Berlin: Waldpädagogen
Die Waldpädagogen Felix und Michael

Als Laie bei den Vogellauten wirklich durchzusteigen ist allerdings unglaublich schwierig oder fast unmöglich, denn die einzelnen Vogelarten haben nicht nur einen Gesang, sondern verschiedene. Auch Jung- und Altvögel klingen anders. Das Gezwitscher einer eher unbekannteren Art werde ich ab jetzt aber ganz bestimmt immer erkennen: Der Zilpzalp pfeift tatsächlich genau so, wie er heißt.

Dann ging es auf einen Spaziergang über den 1875 eröffneten Friedhof, auf dem sich für seine enorme Fläche relativ wenige Gräber verteilen. Vor allem historische Grabstellen scheinen hier eher wenige erhalten zu sein, dabei hätten mich die ganz besonders interessiert. Eine extrem verwitterte Familiengruft habe ich allerdings entdeckt und es gibt auf dem Areal auch noch eine zweite Kapelle.

Zweite Friedhofskapelle

Stockbrot und Würstchen

Als es dämmerte und der Friedhof für Besucher*innen gesperrt wurde, warf Felix die Feuerschale an. Da begann der für mich schönste Teil der Veranstaltung. Erst wurden ein paar Stöcke zurechtgeschnitzt, dann saßen alle um die wärmenden Flammen und sorgten für das Abendbrot: Stockbrot und Würstchen. Auch die Kinder hatten daran natürlich ihre Freude.

Friedhofsgrillen

Zu dumm nur, dass die Toiletten am Friedhofseingang waren und außer ein paar flackernden Grabkerzen kein Licht mehr vorhanden war. Gleich zweimal dachte ich, dass ich das schon packe und marschierte alleine los – um dann doch auf halbem Weg wieder umzudrehen und eine Begleitung zu suchen. Ein bisschen gruselig war es im Dunkeln dann doch …

Die Nacht war kurz

Was ich unterschätzt hatte: nachts ist es draußen im Mai noch ganz schön kalt und ich habe selbst eingemummelt in den Schlafsack noch gefroren. Schlafen konnte ich kaum und ich war bereits wach, als Felix und Micha um halb 4 mit dem Wecken begannen. Ein so lautes Vogelkonzert hatte ich tatsächlich noch nie gehört! Erkennen konnte ich allerdings nur die Nebelkrähe und ein paar Tauben. Da ich nicht mal eine Jacke dabei hatte, legte ich mich lieber nochmal hin. Und da war ich nicht die einzige. Was soll ich sagen? Der frühe Vogel kann mich mal 🙂

Fazit – be the first bird

Für mich war es ein tolles kleines Microabenteuer mitten in Berlins Natur. Gelernt haben meine Kinder und ich nicht soo viel, aber das macht ja nichts – das Event wird uns definitiv in Erinnerung bleiben. Sehr gerne hätte ich etwas mehr zur Geschichte des Friedhofs gehört, denn es gibt nicht mal einen Wikipedia-Eintrag darüber.

Die Veranstaltung findet noch bis Ende Juni an mehreren Wochenenden statt, soll aber im nächsten Jahr fortgesetzt werden. Infos zur Anmeldung bekommt ihr auf der Seite der Stiftung Naturschutz Berlin. Wer wissen will, wo ich mich in Berlin noch grusele, der kann ja mal in meinen Beitrag zur weißen Frau reinschauen. Oder kennt ihr schon den versteckten Friedhof im Tierpark?

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