Spaziergänge

Hörspaziergang am Ober- und Orankesee

Endlich ein paar Sonnenstrahlen! Der Winter kann in Berlin ja doch manchmal aufs Gemüt schlagen – ich wollte unbedingt raus. Zum Glück habe ich eine lange Liste mit Orten, die ich noch nicht kenne. Heute hab ich mich für den Audiowalk „Hörenschönhausen“ am Ober- und Orankesee entschieden. Bei einem Spaziergang rund um die beiden Gewässer könnt ihr euch seit 2018 an 21 Stationen etwas über Gebäude, Geschichte, Kunstwerke und die Natur erzählen lassen.

Karte zum Audio-Rundgang

Rund um den Obersee

Wo ihr euren Spaziergang startet spielt keine Rolle, denn die Geschichten bauen nicht aufeinander auf. Ich bin am Obersee in die Tour eingestiegen und hab mir erstmal etwas über die Entstehung des Parks angehört. Während der Orankesee ein natürliches Gewässer ist, entstand der Obersee durch eine Art Betriebsunfall des nahen Hohenschönhausener Brauhauses, das 1884 mit seiner Produktion begonnen hatte. Dieses lenkte seine Abwässer unter anderem in den Orankesee, der daraufhin überlief und die Lindwerder Lake überflutete.

Seit dem späten 19. Jahrhundert entstanden an den Ufern eine Landhauskolonie sowie ein Villenviertel. Um diese mit Wasser zu versorgen, baute man 1899 einen Wasserturm auf der höchsten verfügbaren Erhöhung: dem 61 Meter hohen Lindwerder Berg. Das Bauwerk galt damals als einer der modernsten seiner Art, dennoch wurde er bereits 1921 nicht mehr benötigt. Heute befinden sich darin oben eine Wohnung (Neid!) und unten eine Bar.

Die QR-Codes, mit denen ihr die Texte starten könnt, befinden sich fast alle an Bänken, ihr könnt es euch also dabei gemütlich machen. Die Geschichte des Mies-van-der-Rohe-Hauses bekommt ihr vom gegenüberliegenden Ufer, denn direkt davor gibt es nur einen schmalen, matschigen Uferstreifen ohne Sitzgelegenheit. Das „Kleinod der Moderne“ ist das letzte Werk des berühmten Architekten vor seiner Emigration in die USA. Aber man muss schon ein Fan des Stils sein, um seine Großartigkeit zu erkennen – das ist aber nur meine persönliche, fachunkundige Meinung.

Mies-van-der-Rohe-Haus Obersee
Mies-van-der-Rohe-Haus

Geschichtsinteressierte können hier einer kleinen Zeitreise durch die bewegten Zeiten des Ortes als sowjetisches Sperrgebiet und Staatssicherheits-Wohngebiet folgen. Das war mir alles völlig unbekannt und ich fand es sehr interessant, aber auch die Geschichten zu den Skulpturen am Obersee haben mir gefallen. An sowas läuft man ansonsten ja meist achtlos vorbei.

Einmal um den Orankesee

Der Orankesee wird vor allem durch das Strandbad mit seinem 250 Meter breiten Sandstrand geprägt. Ich fragte mich sofort, warum ich noch nie dort war – das kommt definitiv auf die Sommerliste (die Saison beginnt am 1. Mai). Erbaut wurde es 1929 und zwar durch den Pächter „Heiden-Heinrich“, der auch das Wirtshaus am Ufer übernahm, das sich bis zum Zweiten Weltkrieg großer Beliebtheit erfreute. In den „Terrassen am Orankesee“ gab es einen Bierkeller, Kegelbahnen, eine Freilichtbühne, Karussells, Luftschaukel und Wildgehege. Vom Glanz dieser Tage ist leider nicht viel übrig, aber im Sommer gibt es inzwischen wieder einen kleinen Biergarten.

Orankesee Strandbad
Strandbad: Wandbild von 1974

Der See gilt übrigens als einer der saubersten Berlins. Einen Anteil daran haben die hier angesiedelten Teichmuscheln, die Plankton aus dem Wasser filtern und in einer sehr schrägen Symbiose mit den Bitterlingen des Gewässers leben. Auch das könnt ihr euch vor Ort genauer erklären lassen.

Spaziergang der anderen Art

Für mich hat sich der kleine Ausflug gelohnt. Die meisten der Hörstation-Geschichten fand ich spannend und was einen nicht interessiert, kann man einfach weglassen. Es handelt sich allerdings nicht wirklich um einen Rundgang. Ihr kommt also nicht an allen Stationen vorbei, wenn ihr nur am Ufer entlang lauft. Auf der Seite von Hörenschönhausen gibt es ebenso wie vor Ort auf Tafeln eine Karte, wo alle QR-Codes verzeichnet sind. Plant am besten etwa 1,5 Stunden für alles ein. Im Sommer wäre das Ganze natürlich noch viel schöner gewesen, aber die ersten Blümchen des Jahres haben für das ansonsten fehlende Grün entschädigt.

Lust auf mehr Audiowalks in Berlin? Dann ist vielleicht „Ihr letzter Weg“ oder „Brecht stirbt“ was für euch.

One Comment

  • Nele

    Danke für den schönen Tipp und die Vorfreude auf den Frühling! Es ist immer wieder faszinierend was es alles zu erleben gibt in und um Berlin abseits der großen Massen!

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