Kultur & Geschichte

Billy Wilder in Berlin

Mit „Eins, Zwei, Drei“ hat der Hollywood-Regisseur die ultimative Ost-West-Satire gedreht, die immer noch sehenswert ist. Doch er kam nicht nur 1961 für die Dreharbeiten – schon ab 1926 lebte der gebürtige Österreicher Billy Wilder in Berlin. Hier hielt er sich mit Jobs wie Eintänzer über Wasser, bevor er als Reporter und schließlich Drehbuchautor Fuß fasste. Kein Wunder also, dass ihr ihm an vielen Orten in der Hauptstadt begegnen könnt.

Erste Jobs in Berlin

Nach seinem Abitur in Wien 1924 arbeitete er dort bei einem Boulevardblatt als Reporter. Um für dieses über ein Konzert zu berichten, kam er mit nicht ganz 20 Jahren nach Berlin und blieb kurzerhand hier. Zunächst soll er in einem möblierten Zimmer in der Pariser Straße gewohnt haben. Dank einem Empfehlungsschreiben bekam er auch gleich einen Job beim Scherl-Verlag in dessen „Berliner Nachtausgabe“. Ein Nappy im Büro beendete die Anstellung aber schnell wieder. Danach ging es wohl erstmal abwärts mit ihm, jedenfalls schreibt er in seiner Reportage zur Zeit vor seinem Engagement als Eintänzer, das kurz danach folgte: „Meine Hosen sind ungebügelt, mein Gesicht mangelhaft rasiert, der Kragen schmierig, die Hemdmanschetten gewendet. Bitter schmeckt die Zunge, bleischwer die Beine, der Magen schmerzt vor Leere, und die Nerven sind kaputt. Hinter jedem Türklopfen das giftige Gesicht der Wirtin, kreischend und die Rechnung in den Fingern.“*

Literatur Billy Wilder in Berlin

Die Idee zu der Reportage über seine Zeit im Hotel Eden in der Budapester Str. 35 (nicht erhalten) stammte vom Dichter Klabund mit dessen Frau Wilder tanzte. Sie erschien im Januar 1927 in der „B.Z. am Mittag“, für die er von da an neben anderen Zeitungen als freier Reporter schrieb. Etwa zu dieser Zeit zog er zur Untermiete nach Schöneberg an den damals ungemein schicken Victoria-Louise-Platz. Dort gibt es auch eine Gedenktafel für Billy Wilder. Wobei „dort“ nur die Stelle meint, denn das Haus wurde wie die meisten anderen rund um den Platz im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die Hausnummer 11 wurde besonders schmucklos wiedererrichtet.

Billy Wilder in Berlin: Gedenktafel
Gedenktafel Billy Wilder

Nicht weit von hier entfernt gibt es im Café Haberland eine Ausstellung über berühmte Bewohner des Bayerischen Viertels. Dort könnt ihr euch an einer Audiostation ein kleines Interview anhören, das Hellmuth Karasek 1987 mit Wilder in Berlin geführt hat. Und wenn ihr schon mal da seid, dann horcht doch auch bei den Comedian Harmonists oder Claire Waldoff rein.

Billy Wilder in Berlin: Café Haberland
Billy Wilder in Berlin: Café Haberland
Audiostation Café Haberland

Zudem ist Wilder auch in der Dauerausstellung „Wir waren Nachbarn“ als eine unter 172 Biografien jüdischer Zeitzeugen im Rathaus Schöneberg vertreten.

Billy Wilder beim Film

1929 machte Wilder seine ersten Schritte im Filmbusiness und war an den Drehbüchern für die Filme „Der Teufelsreporter“ und „Menschen am Sonntag“ beteiligt. Es folgte eine Anstellung bei der UFA. Gemeinsam mit Erich Kästner schrieb er 1931 das Drehbuch zu „Emil und die Detektive“, allerdings wurde er in den Credits wegen seiner jüdischen Herkunft nicht genannt. Zwei Jahre später verließ Wilder die Stadt am 28. Februar. Ab 1936 war er bei den Paramount Studios angestellt und gehörte bald zu den bestbezahlten Drehbuchautoren der USA. An seinem Büro hing als steter Ansporn ein Schild mit der Aufschrift: „How would Lubitsch do it?“ Diese Verneigung vor seinem Kollegen Ernst Lubitsch hat er später der Deutschen Kinemathek vermacht. Dort könnt ihr euch natürlich auch einige andere Erinnerungsstücke ansehen.

Billy Wilder in Berlin: Kinemathek

Unter anderem wird dort an seine Regiearbeit „A foreign Affair“ mit Marlene Dietrich erinnert. Der Film spielt im Berlin der Nachkriegszeit und führte Wilder 1948 hierher zurück. Erstaunlich, da mehrere seiner engsten Verwandten in Auschwitz ermordet wurden.

Eins, Zwei, Drei

Es gibt kein Filmbuch über Berlin, in dem dieser Klassiker nicht prominent vorkommt. Seine Entstehungsgeschichte ist aber auch wirklich ungewöhnlich, die Handlung extrem klamaukig: Der Chef der Coca-Cola-Niederlassung McNamara (dargestellt von James Cagney) nimmt die Tochter seines Bosses auf. Die ist kurz darauf mit dem Kommunisten Otto (Horst Buchholz) verheiratet und dazu noch schwanger – und der Schlamassel nimmt seinen Lauf! Auf dem Grabstein des 1933 in Berlin geborenen Schauspielers erinnert sogar dessen Bild an seine vielleicht größte Rolle.

Berliner Ehrengrab von Horst Buchholz

Gedreht wurde teilweise in der tatsächlichen, damaligen Coca-Cola-Zentrale in Lichterfelde – heute untergebracht in einem weitaus größeren, knallroten Bauwerk kurz vor der Oberbaumbrücke.

Ehemalige Coca-Cola-Zentrale in Lichterfelde

Die Dreharbeiten begannen im Juni 1961 – im August wurde das Filmteam dann vom Bau der Mauer überrascht und Wilder verlor unter anderem das Brandenburger Tor als Kulisse. Das wurde dann in München auf dem Bavaria-Gelände für die weiteren Drehs in Originalgröße nachgebaut.

Plakat im Delphi Filmpalast

Weiterer Schauplatz in Berlin: Der Flughafen Tempelhof, wo der Film mit einer Flasche Pepsi aus dem Cola-Automaten endet. Die historischen Ereignisse machten den Film damals leider zu einem Flop. Der Erfolg stellte sich aber 1985 ein als der Film erneut in die deutschen Kinos kam und in Berlin 43 Wochen auf dem Programm stand. Und bis heute könnt ihr euch den Streifen immer wieder mal auf der großen Leinwand ansehen. Dieses Jahr zeigte ihn beispielsweise das Pop-up-Kino in Hangar 7 am Flughafen Tempelhof. Die Akustik war zwar mies, das Setting umso cooler.

Billy Wilder in Berlin

Ein Stern für Billy Wilder

Über den Boulevard der Stars hab ich ja schon mehrfach gelästert, aber immerhin bietet mir der verwahrloste Berliner Walk of Fame für viele Texte Bildmaterial. So auch hier: Billy Wilder hat in Berlin einen Stern bekommen, den ihr am Potsdamer Platz bewundern könnt (oder wahlweise mal putzen).

Billy Wilder in Berlin

Stern von Billy Wilder in Berlin

Außerdem gibt es in Lichterfelde auch noch die Billy-Wilder-Promenade. Jede Würdigung hier hat er mehr als verdient. Dass er überhaupt nochmal nach Berlin zurückgekommen ist und dann auch noch, um eine Berlinkomödie zu drehen, muss man ihm schon hoch anrechnen. Aber auch abgesehen davon ist Wilder für mich einfach einer der größten Regisseure, immerhin hat er meinen absoluten Lieblingsfilm geschaffen: „Manche mögen’s heiß„! Keine Ahnung, wie oft ich den als Kind in unseren Video 2000 geschoben habe. Oft genug jedenfalls, um ihn immer noch auswendig zu können.

*Zitat stamm aus: „Billy Wilder: Der Prinz von Wales geht auf Urlaub. Berliner Reportagen, Feuilletons, und Kritiken der zwanziger Jahre, München 2000″.

Weitere Leseempfehlung: „Oliver Ohmann: Klappe! Geschichte der Filmstadt Berlin, Berlin 2022“.

6 Comments

  • Jenny

    Oh ja „Manche mögens heiß“… 🙂 Lang ist es her.

    Danke für die Filmempfehlung- den Film „Eins, zwei, drei“ kannte ich bisher noch nicht. Das wird sich aber bald ändern.

  • Werner

    Billiy Wilder ein Österreicher in Berlin?? Was man von dir alles erfährt! Für mich war Wilder immer ein Regisseur in Hollywood, der es vor allem mit der Monroe konnte. Ja, außergewöhnlich, dass der Jude Wilder nach dem Krieg zurück nach Berlin kam. Viele seiner Verwandten (auch seine Mutter) wurde von den Nazis ermordet, wie ich las.

  • Werner

    Muss ich mir mal anhören. Im Übrigen wusste ich auch nicht, dass es in Berlin einen Walk of Fame gibt. Ups! Je mehr ich von dir lese, um so mehr erfahre ich, dass ich eigentlich – okay, als Süddeutscher – ziemlich wenig von Berlin weiß. Der Walk begann ja mit der Dietrich, les ich, und pro Jahr kommen einige hinzu. Aber so ein Straßenmittelstreifen? Da dreht sich vor allem der Kinski im Grab um – oder vielleicht auch, weil der Werner Herzog auch einen Stern bekam :))

    • Tina Hoffmann

      Das ist ja eher ein „Walk of Shame“, wirklich keine Sehenswürdigkeit, aber die Fotos der Sterne sind mir für die Texte willkommen.
      Also da musste ich jetzt erstmal googeln. Auf YouToube gibt es eine Doku: „Klaus Kinski & Werner Herzog – mein liebster Feind“, da hab ich gerade bisschen reingeschaut. Sehr spannend.

  • Werner

    Musst mal das Youtube-Video anschaun, das während der Dreharbeiten zu „Aguirre – Zorn Gottes“ entstand. Kinskis Wutausbruch ist epochal! Die eingeborenen Statisten wollten Kinski töten, weil sie ihn für einen bösen Geist hielten – was er ja wohl auch war! 🙂

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