
RIAS: Führung durch das Rundfunkgebäude
Manchmal bin ich echt langsam mit meinen Artikeln. An der Führung durch den „Rundfunk im amerikanischen Sektor“ habe ich bereits letzten September beim Tag des offenen Denkmals teilgenommen – aber besser spät als nie! Hier ein paar Eindrücke und spannende historische Infos zum RIAS-Gebäude in Schöneberg.

Geschichte des RIAS-Gebäudes
Errichtet wurde das Gebäude nicht als Rundfunkanstalt. Es entstand nach Plänen des Architekten Walter Borchard von 1938 bis 1941 als Verwaltungsgebäude für die Bayerischen Stickstoffwerke AG, einem für die Rüstung besonders wichtigen Unternehmen. Trotzdem handelt es sich – laut unserem Guide – um einen Bau in der Neuen Sachlichkeit, nicht um faschistische Architektur. Die Einflüsse der Entstehungszeit seien aber durchaus erkennbar.


Vor allem das Treppenhaus, das ein überaus beliebtes Fotomotiv sein soll (ich bin wohl nicht die Einzige, die Treppenhäuser liebt!), passt in seiner Eleganz nicht zum Architekturstil der Nationalsozialisten. Es ist fast im Original erhalten und dient in der Weihnachtszeit als Kulisse für Konzerte des RIAS-Kammerchors.


Auch der Rest des Gebäudes wies kaum Kriegsschäden auf und so konnte der Rundfunk im amerikanischen Sektor hier einziehen, der bereits Ende 1945 beschlossen worden war. Ab dem 30. Juni 1948 sendete dieser dann vom Hans-Rosenthal-Platz.

Studios im RIAS
Besonders spannend waren an der Führung die Einblicke in die Studios, die im dritten und vierten Geschoss untergebracht waren. Zuerst ging es in Studio 5, in dem man sich direkt in die 50er Jahre katapultiert fühlte.

Unter den Teilnehmer*innen waren etliche, die mit dem Programm des RIAS aufgewachsen sind. Mir persönlich sagte das alles nichts, da der Betrieb 1993 einige Jahre vor meiner Berliner Zeit eingestellt wurde – bzw. zu einem nationalen Hörfunk wurde: dem DeutschlandRadio, das inzwischen Deutschlandfunk Kultur heißt. Vor Ort wird heute allerdings das Programm von Deutschlandfunk Nova für ein etwas jüngeres Zielpublikum produziert. Darum kannte ich auch die beiden Pappkameraden nicht, die euch in Studio 5 erwarten: Moderator und Entertainer Hans Rosenthal (1925-1987) und Horst Jankowski (1996-1998), der das RIAS-Tanzorchester dirigierte.


Die Einrichtung ist noch in großen Teilen Original, auch der Kleiderständer im Hintergrund von Jankowski. Zu diesem meinte unser Guide: „Man möchte ihn vielleicht nicht zuhause haben, aber es ist eben ein Relikt“.


Danach ging es noch in Studio 7, das allerdings nicht mehr den alten Charme von Studio 5 ausstrahlt. Am schönsten fand ich dort das Studioschild.

Lohnt sich die RIAS-Führung?
Mir hat die Führung gut gefallen. Ich habe ausschließlich Neues dabei erfahren und wieder ein kleines Puzzleteil mehr zu meinem Wissen über die Geschichte Berlins hinzugefügt. Auch von Moderator Friedrich Luft, für den außen am Gebäude eine Gedenktafel angebracht wurde, hatte ich nie gehört. Laut unserem Führer soll er mal gesagt haben: „Wir hatten tolle Sendungen, aber leider fast kein Publikum“. Tragisch.

Führungen finden auch jenseits vom Tag des offenen Denkmals statt, die nächsten Termine findet ihr in deren Veranstaltungskalender. Euch interessiert Radio und seine Geschichte? Schaut doch auch mal in meine Texte zum Haus des Rundfunks und zum Funkhaus Nalepastraße (eins meiner persönlichen Berlin-Führungs-Highlights!).
