Führung durch die Deutsche Oper Berlin: Kulissen über Kulissen
Ich liebe Führungen! Stadtführungen zu Spezialthemen sowieso, aber auch Einblicke in Theater oder Opernhäuser in Berlin fand ich bisher immer lohnend. Und auch wenn das Äußere der Deutschen Oper Berlin an der Bismarckstraße im Stil des Brutalismus sehr trist und wuchtig daherkommt, wollte ich mir das doch mal von innen ansehen. Wenn man sich darauf einlässt, kann man auch fernab von Pomp, Stuck, Kronleuchtern und Samt fasziniert werden!
Von der Garderobe ins Foyer
Einladend ist sie nicht gerade, die fensterlose Fassade mit ihren 70 Metern Waschkieselputzplatten. Im Eingangsbereich empfangen einen niedrige Decken. Dort sammelt der Guide die überraschend große Gruppe ein. Die Garderobe hinter den Glastüren ist schmucklos, aber mit ihrem schlichten Mid-Century-Stil und dem warmen Licht erzeugt sie doch ein behagliches Gefühl bei mir.
Das Foyer liegt eine Etage höher und könnte ebenso ein altmodischer Konferenzsaal sein. Statt pompösen Kronleuchtern baumeln hier runde Reispapierballons von der Decke. Nicht die Originale, so der Gästeführer. Es würde ihn nicht wundern, wenn die aktuellen von Ikea wären. Witziger Gedanke in einem Opernhaus!
Geschichte der Deutschen Oper Berlin
Wir bekommen einen Überblick über die Historie des Hauses, das bereits 1912 mit Beethovens „Fildelio“ eröffnet hat – allerdings im zu dieser Zeit noch eigenständigen Charlottenburg. Schon damals sollte die Oper ein Gegenentwurf zu den meist elitären Opernhäusern darstellen, nämlich für das einfache Volk sein. Und eben dieser Gedanke spiegelt sich auch im Nachfolger wider, der nach der Zerstörung des Gebäudes im Zweiten Weltkrieg, von 1957 bis 1961 nach den Plänen von Fritz Bornemann entstand. Es sei nicht menschenfeindlich, wie es oftmals wahrgenommen wird, so unser Guide, sondern menschenfreundlich. Die Fassade schirmt das Innere gegen den Lärm der viel befahrenen Bismarckstraße ab. Die schlichte Ausstattung zeigt, dass es ein Ort für alle ist, nicht nur für eine kleine Elite. Und dass es hier um Musik geht, nicht um Eitelkeiten – schon bin ich ein bisschen mehr angetan von dem Klotz.
Der Theatersaal
Auch der Theatersaal ist schlicht konzipiert und hat weder Stuck noch Kronleuchter noch Samtvorhänge. Spannend fand ich hier vor allem, dass es zwei Logen gibt, die man nicht buchen kann. Das eine ist die Intendantenloge, das andere die Zuspätkommerloge. Da wird man quasi noch dafür belohnt, dass man nicht pünktlich war. „Aber kommen Sie lieber nicht zu spät!“ wirft der Guide noch ein, als hätte er meine Gedanken gelesen.
Die Bühne wurde während unserer Führung gerade für die Aufführung am Abend vorbereitet und von der Decke baumelte eine riesige nackte Figur. Das sollte Gott sein. Die Vorstellung, jetzt ganz alleine mit diesem riesigen Gott, der interessanterweise keinen Penis hatte, in dem Gebäude zu sein, machte mir glatt Gänsehaut. Falls ihr öfter in meinem Blog lest, wisst ihr vielleicht schon, dass ich große leblose Figuren furchtbar unheimlich finde. Ausgestopfte Tiere sind auch ein Horror. Aber zurück zur Oper: etwa 600 Festangestellte arbeiten hier. Deutlich mehr als ich erwartet hätte. Und ein paar Dutzend davon wuselten geschäftig umher, um das Bühnenbild vorzubereiten – wie viel Arbeit jeder Aufführung vorausgeht, nimmt man ja gar nicht wahr, wenn man abends im Saal sitzt.
Hinter den Kulissen
Zwar durften wir auch auf die Bühne, eigentlich standen wir aber überall im Weg. Das war mir ein bisschen unangenehm. Obwohl es sehr spannend war, war ich froh, als wir in das Magazin weitergingen. Und das war wirklich riesig! „Wahrscheinlich größer als Ikea“ – haha, was hatte der Guide nur mit Ikea? Von außen würde man niemals vermuten, wieviel hier reinpasst. Übergroße Bühnenbilder von dutzenden Stücken. Mein Mund stand eine Weile offen, befürchte ich. Zu vielen Kulissen bekamen wir auch Infos zu den Inszenierungen, die teilweise schon sehr lange laufen. Die Zauberflöte zum Beispiel, wen wundert es. Früher wurde sie wohl an manchen Abenden in allen 3 Berliner Opernhäusern gleichzeitig aufgeführt, heute würden sie sich aber absprechen.
Am Ende der Tour durften wir auch noch einen Blick in die Garderoben der Schauspieler*innen werfen.
Deutsche Oper Berlin – Fazit
Die Führung hat mir echt gut gefallen und ich kann sie euch auf jeden Fall empfehlen. Hübsch finde ich das Opernhaus jetzt trotzdem nicht, aber zumindest verstehe ich sie jetzt ein bisschen und ich konnte viele Eindrücke sammeln, die man als Zuschauer*in sonst nie bekommt. Falls ihr jetzt auch Lust bekommen habt: Hier könnt ihr die nächsten Termine sehen und buchen. 5 Euro finde ich mehr als fair.
Euch interessieren Berlins Bühnen? Über die Führungen in der Komischen Oper und durchs Berliner Ensemble habe ich auch schon einen Artikel geschrieben.