Stadtbad Lichtenberg – bitte anstellen!
Und schon wieder ein Jahr vorbei! Beim diesjährigen Tag des offenen Denkmals wollte ich endlich mal ins ehemalige Stadtbad Lichtenberg. Ein Berliner Lost Place, das allerdings nicht mehr so ganz lost ist, sondern seit 2018 saniert wird und auch in Teilen bereits für Veranstaltungen genutzt werden kann. Und einsam war die denkmalgeschützte Sehenswürdigkeit leider auch nicht – die Schlange ging an dem expressionistischen Bauwerk entlang, um die Ecke und die halbe Hubertusstraße hinunter …
Hoher Nostalgiefaktor
Während ich bei über 30 Grad in der Schlange schwitzte, hörte ich es von überall: die meisten kamen aus Nostalgie. „Ick hab hier schwimmen jelernt“ erzählte der eine, dass sie vor 54 Jahren das letzte Mal hier war, eine andere. Ich hörte, dass es früher kaum Föhne gab und Kinder immer mit Mütze kamen und dass man durch die Fenster schon das Wasser riechen konnte.
Als der Andrang immer größer wurde, beschlossen die Veranstalter, mehr Leute gleichzeitig reinzulassen. So kam ich zwar etwas schneller hinein, dafür war das Gedränge dort umso größer – die Leute schoben sich förmlich durch die Gänge und an begehrten Fotospots war tatsächlich wieder Schlange stehen angesagt. Lost-Place-Feeling kam da leider so gar keins auf!
Stadtbad Lichtenberg: Geschichte
Eröffnet wurde die Bade- und Schwimmanstalt 1928, einer Zeit also, in der viele Wohnungen noch kein eigenes Badezimmer hatten. Das Volksbad bot allerdings weit mehr als nur die Möglichkeit zu baden, duschen oder schwimmen. Auch Saunen, Massagekabinen, medizinische Bäder und Räume für Physiotherapie gehörten zur Ausstattung – insgesamt also sehr modern für damalige Verhältnisse.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude von einer Bombe getroffen, blieb allerdings weiter in Betrieb. Nach 1945 konnten Duschen und Wannen notdürftig genutzt werden, ein regulärer Schwimmbadbetrieb konnte allerdings erst ab 1948 wieder stattfinden. In der inzwischen schon in Teilen sanierten kleinen Halle (für Frauen mit 20-Meter-Becken) gab es etliche Infotafeln, die über die Historie und auch die derzeitige Erneuerung informierten – und vor denen musste man nicht mal anstehen, um sie zu lesen. Die meisten Besucher*innen waren wohl eher auf Fotos aus.
In den 60er Jahren begann dann der Niedergang, der zum Teil den damals neu entstandenen Schwimmhallen geschuldet war. Aber auch Baumängel und Lecks führten zwischen 1988 und 1991 zur schrittweisen vollständigen Schließung. Mehr zur Geschichte des Stadtbades könnt ihr auf der Seite des Fördervereins lesen.
Sanierung
In den letzten Jahren wurden vor allem Schadstoffe wie Dämmstoffe und lose Farbschichten aus dem Denkmal entfernt. Bei der Sanierung wird aber offensichtlich viel Wert darauf gelegt, dass der Charakter der einstigen Schwimmhalle erhalten bleibt. Der Sprungturm ist beispielsweise noch ein Original aus den 1920er Jahren.
In der kleinen Halle wurde das Schwimmbecken mit Parkett abgedeckt. Hier können bereits Events veranstaltet werden. An den Rändern der Veranstaltungsfläche wurde allerdings tragfähiges Glas verbaut, sodass ihr noch einen Blick ins Becken werfen könnt.
Noch nicht so weit ist die Renovierung der großen Halle mit ihrem 25-Meter-Becken. Leider durfte man diese nicht betreten, sondern nur durch eine Scheibe bewundern, an der natürlich großer Andrang herrschte.
Zwar gab es einige Bemühungen, um das Bad in Zukunft wieder als Schwimmhalle nutzbar zu machen, leider sind diese gescheitert. Geplant ist auch für die große Halle eine „multivalente Nutzung“ – die nächsten Jahre könnt ihr das Stadtbad Lichtenberg aber wohl noch bei Gelegenheit in seinem derzeitigen Zustand besichtigen, denn Geld steht für eine Weiterführung der Maßnahmen nicht vor 2027 zur Verfügung.
Stadtbad Lichtenberg: Sehenswert, aber …
Definitiv ist das ehemalige Volksbad absolut sehenswert und faszinierend. Ich war trotzdem sehr enttäuscht von dem Besuch. Ich hatte einfach nicht mit so einem riesigen Andrang gerechnet und es macht wenig Spaß, für ein Foto in einer langen Schlange zu stehen. Trotz allem bin ich froh, dass ich es noch vor der Fertigstellung der Sanierung mal von innen sehen konnte. Update Februar/März 2024: Momentan könnt ihr im Rahmen einer Ausstellung an Wochenenden rein – ich war schon dort, schaut gerne in meinen Veranstaltungstipp rein: Stadtbad RELOADED.
Der Tag des offenen Denkmals ist für mich ein fester Termin im Kalender. 2024 findet er am 7. und 8. September statt. Eine Empfehlung ist dann auf jeden Fall die Schneider Brauerei.
2 Comments
Sabine
Tolle Einblicke und schöne Fotos! Ich glaube, am Tag des offenen Denkmals gibt es kaum ein Gebäude, das in Berlin nicht überlaufen ist. – schön, dass ich dank deiner Geduld und den tollen Fotos zumindest das Stadtbad schon mal von meiner Must-see-Liste streichen kann…
Tina Hoffmann
Die Highlights sind definitiv immer recht voll, aber so war mir das neu. Aber freue mich, dass dir die Fotos gefallen!