Köpenick: Schlossinsel und Hauptmann
Selten wache ich morgens so voller Elan und Tatendrang auf wie heute. Sonnenschein und nicht zu heiß – perfekt für einen kleinen Ausflug! Aus meiner langen Liste an Ausflugszielen hab ich mir spontan Köpenick mit dem einzigen originalen Barockschlösschen Berlins ausgesucht. Schnell noch Romano auf die Ohren und … nein, ganz so übermotiviert war ich dann nun auch wieder nicht! Aber definitiv etwas zu früh unterwegs.
Schloss Köpenick
Am Schlossplatz herrscht auch morgens schon einiger Trubel durch Trams, Busse, Autos und etliche Baustellen. Aber kaum lauft ihr über die Holzbrücke und durch das schmucke weiße Tor, könnt ihr durchatmen – dann seid ihr auf einer Insel in der Dahme.
Gleich rechts seht ihr dann direkt die zwischen 1677 und 1690 erbaute Residenz des preußischen Thronfolgers Friedrich III. (1657 – 1713), der spätere König Friedrich I. von Preußen. Insgesamt kommt das dreigeschossige Schlösschen eher schlicht und mit wenig Fassadenschmuck daher.
Wenn ihr auf die Rückseite lauft, könnt ihr euch auf eine Bank mit Blick aufs Wasser und die kleine Marina auf der anderen Seite setzen. Oder ihr linst durch die Fenster ins Innere, wo ihr Teile des Kunstgewerbemuseums sehen könnt. Aber Vorsicht, sonst habt ihr wie ich das Gesicht voller Spinnweben!
Wäre ich nicht lange vor Öffnung da gewesen, hätte ich mir den Wappensaal angesehen. Dort tagte 1730 das königliche Kriegsgericht und verurteilte einen Leutnant Katte zum Tod durch Enthauptung. Dieser soll gemeinsam mit Kronprinz Friedrich, dem späteren Friedrich dem Großen, eine Flucht nach England geplant haben. Gerüchten zufolge sollen sie sich aber auch hier auf der Schlossinsel geküsst haben und darum beschloss sein grausamer Vater, dass Friedrich die Hinrichtung mit ansehen müsse. Ob das dann tatsächlich so war, ist umstritten, an seiner Homosexualität gibt es heute aber kaum noch Zweifel.
Einmal um die Schlossinsel
Die kleine Insel könnt ihr einmal mit Wasserblick umrunden, aber auch im Inselinneren gibt es Spazierwege und etliche Bänke, wo ihr ein Päuschen machen könnt. Besonders lange dauert der Spaziergang aber nicht, insgesamt ist das Eiland doch recht überschaubar. Hier und da findet ihr entlang der Wege einige Skulpturen und Denkmale, aber dann war es das auch schon.
Am Ende des Rundganges kommt ihr dann an der Schlosskirche an, die sich gegenüber dem Schloss befindet. Dort finden heute vor allem Konzerte statt.
Der Hauptmann von Köpenick
Um im berühmten Café „Mutter Lustig“ mit Blick auf die Bucht Frauentog einen Kaffee zu trinken, war es auch noch zu zeitig. Von wegen früher Vogel! Darum begab ich mich ungeplant noch ein bisschen auf die Spuren des Hauptmanns von Köpenick. Bis zum Rathaus sind es nur wenige Schritte.
Dort fand 1906 statt, was heute als Köpenickiade bekannt ist. Was war passiert? Der Schuhmacher Wilhelm Voigt verkleidete sich mit einer gebrauchten Uniform als Hauptmann, sammelte am Plötzensee zehn preußische Gardisten ein und fuhr mit ihnen nach Köpenick. Dort besetzte er das Rathaus, verhaftete den Bürgermeister und konfiszierte obendrein die Stadtkasse. Erstmal kam er damit sogar davon – erst 10 Tage später konnte der Hochstapler gefasst werden.
Die Geschichte dieser frechen Täuschung wurde literarisch verarbeitet, mehrfach verfilmt – unter anderem mit Heinz Rühmann als Hauptmann – und unzählige Male als Theaterstück aufgeführt. Auch heute noch wird es in den Theatern von Köpenick regelmäßig gezeigt. Außerdem gibt es Kostümführungen, einen Hauptmann-Escape-Room, den samstäglichen Aufmarsch der Garde und eine Ausstellung. Wegen Umbauarbeiten am Rathaus ist diese vorübergehend in der nahen Musikschule Joseph Schmidt untergebracht.
Und hier noch ein kleines Fundstück: Köpenick sucht aktuell einen neuen Darsteller für die Rolle des Hauptmanns von Köpenick. Details stehen keine dabei, aber wie man ungefähr aussehen sollte, könnt ihr euch sicher denken. Andererseits ist auch Katharina Thalbach schon in die Rolle geschlüpft …