Familie,  Kultur & Geschichte

Gutshof Britz: Landleben und Kultur

Den Neuköllner Ortsteil Britz kennen die meisten vor allem durch den Britzer Garten, der zu den schönsten Parkanlagen Berlins gehört. Nicht weit entfernt bietet sich aber auch der Gutshof Britz für einen Ausflug an. Im Gegensatz zu der bekannteren Grünanlage könnt ihr diesen kostenlos besuchen und dort nicht nur Landluft schnuppern, sondern auch das kleine Museum Neukölln besichtigen.

Geschichte des Anwesens

Zurück geht der heute denkmalgeschützte Ort auf das Rittergut der Britzkes, zu dem auch ein landwirtschaftlicher Betrieb gehörte. 1699 veräußerte die Familie ihr Anwesen mit einem Fachwerkbau an den preußischen Kurfürsten, der wenige Jahre später mit dem Bau eines Schlosses begann. Der Gutshof entstand zur selben Zeit, war aber von Anfang an – ebenso wie heute – vom Schlosspark und der Residenz abgegrenzt. Berlin ist seit 1924 Eigentümer der Flächen, die allerdings bis 2008 vom Neuköllner Grünflächenamt genutzt wurden. Seither wurde das historische Ensemble aus Gutsverwalterhaus und den ehemaligen Ställen aufwendig saniert und einer kulturellen Nutzung zugeführt.

Gutshof Britz
Ehemaliges Gutsverwalterhaus

Historische Nutztierrassen auf dem Gutshof Britz

Wenn ihr das Anwesen durch den Hintereingang betretet, lauft ihr direkt an den Tieren des Hofes vorbei. Passend zum historischen Charakter des Ortes, beschränkt man sich hier auf die Haltung alter Nutztierrassen wie dem Rauhwolligen Pommernschaf, dem Altdeutschen Schwarzbunten Niederungsrind, dem Roten Höhenrind oder der Pommerngans. Mehrere von ihnen stehen sogar auf der Roten Liste bedrohter Arten.

Gutshof Britz
Nutztierrassen 1900
Gutshof Britz
Süßes flauschiges Kälbchen

Besonders süß fand ich das flauschige Kälbchen, das an den Zaun kam und sich ein bisschen von mir das Köpfchen kraulen ließ. Neben den Infotafeln zu den Nutztieren und auch dem Geflügel wie der Sachsenente oder dem Dresdner Huhn, gibt es auch noch spannendes Geschichtswissen. Wusstet ihr, dass es in Preußen im 18. Jahrhundert eine Seidenraupenzucht gab? Für diese wurden Weiße Maulbeerbäume angepflanzt und auch Seidenraupeneier verteilt – allein auf Gut Britz wurden 1.000 dieser Bäume angepflanzt und die hier gewonnene Seide für kunstvolle Möbelstoffe und Tapeten verwendet.

Gutshof Britz
Seidenherstellung in Preußen

Museum Neukölln

Gutshof Britz: Museum Neukölln
Museum Neukölln im ehemaligen Pferdestall

Im ehemaligen Pferdestall könnt ihr gratis das kleine regionalgeschichtliche Museum besuchen. Besonders schön: die Stalloptik blieb bei der Neugestaltung teilweise auch innen erhalten. Die interaktive Dauerausstellung „99 x Neukölln“ führt anhand von 99 Exponaten tief in die Historie des Bezirks. Wie tief ihr dabei in die Materie einsteigen wollt, könnt ihr an den digitalen Stationen selbst entscheiden. Wählt dort eines der Ausstellungsstücke aus und klickt euch dann immer weiter durch.

Das kleine Trachtenhäubchen aus Tüll für Kinder gibt euch beispielsweise Einblicke in das Leben der böhmischen Brüdergemeine in Rixdorf. Wer sich hingegen durch die Zusatzinfos einer kunstvoll bemalten Toilettenschüssel klickt, erfährt, wann sich hier die Kanalisation durchsetzte und dass seit 1925 in Berliner Neubauwohnungen WCs vorgeschrieben sind. Besonders interessant fand ich die Geschichten rund um die großen Kaufhäuser der Stadt und deren Entwicklung – vom beliebten Konsumtempel zum insolventen Auslaufmodell.

Schloss und Schlosspark

Wie schon erwähnt, gehören das Schloss und der angeschlossene Park gar nicht zum Gutshof, aber man läuft nur durch ein Tor – es wäre also Quatsch, wenn ihr euch nicht gleich beides ansehen würdet. Bereits um 1770 wurde der Fachwerkbau ausgebaut und mit etlichen Historienmalereien versehen, von denen die meisten nicht erhalten sind. Eine barocke Blütezeit erlebte das Anwesen unter seinem ersten bürgerlichen Besitzer ab 1822. Sein heutiges Aussehen im Stil der Neorenaissance spiegelt den Zustand von Herrenhaus und Park um 1880. Aus dieser Zeit stammt auch der Turmanbau.

Schloss Britz

Innen zeigt eine Dauerausstellung die großbürgerliche Wohnkultur im späten 19. Jahrhundert. Es handelt sich dabei allerdings nicht um die originale Einrichtung des Anwesens, sondern um zusammengetragene Stücke. Allerdings wurden Tapeten, Holzböden, Fenster und Wandverkleidungen größtenteils aufwendig rekonstruiert. Zudem gibt es wechselnde Ausstellungen und Konzerte – oder aber ihr schlendert einfach ein bisschen durch den Schlosspark, der im Sommer bestimmt herrlich aussieht.

Ausflug zum Gutshof Britz

Wieder mal eine schöne Neuentdeckung, die ich auf jeden Fall bald nochmal bei freundlicherem Wetter besuchen werde, um ein paar bessere Fotos zu machen. Das Museum ist vor allem für Geschichtsinteressierte spannend, Familien können hier eine ländliche Auszeit nehmen und rund 50 Tieren begegnen – das lieben doch eigentlich alle Großstadtkinder. Übrigens bin ich bei den Infoschildern auf einen vertrauten Namen gestoßen: Arne vom Goldstaub Podcast ist hier Pate eines Rauhwolligen Pommernschafes.

Hier nun ein paar sommerlichere Eindrücke:

Lust auf mehr schöne Anwesen in Berlin? Dann schaut euch doch mal das Jagdschloss Grunewald, den Gutshof Neukladow oder das Gründerzeitmuseum im Gutshof Mahlsdorf an.

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