Im Masken- und Puppenfundus der HfS Ernst Busch
In letzter Zeit war ich viel in Theatern und Opernhäusern unterwegs, um einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Bei der Suche nach mehr davon bin ich hierüber gestolpert – eine Führung durch den Masken- und Puppenfundus der Hochschule für Schauspielkunst. Den Namen Ernst Busch liest man oft in Biografien von Schauspieler*innen, ansonsten für mich ein weißer Fleck auf der Berlinkarte. Bis jetzt. Hier kommt ein wirklich außergewöhnlicher Tipp für euch (mit leichtem Gruselfaktor).
Puppenspielkunst als Studienfach
Im ersten Moment hab ich mich gefragt, warum eine Schauspielschule eigentlich einen so großen Puppenfundus hat. Es ist ganz einfach, an der HfS kann man das Diplomfach „Zeitgenössische Puppenspielkunst“ studieren. Und wie ich bei der Führung erfahren habe, ist das wirklich etwas Besonderes, denn in Deutschland geht das neben Berlin nur in Stuttgart. An der Ernst Busch wird das Fach seit 1972 unterrichtet, entsprechend alt sind einige der Puppen. Pro Jahrgang werden 10 Studierende aufgenommen und einer davon leitete zusammen mit einer Dozent unsere Veranstaltung. Zusammen mit einer kleinen Marionette haben uns die beiden im Foyer empfangen und zum Fundus gebracht, der eine Glasfront hat und schon von außen mehr als hält, was ich mir in der Fantasie ausgemalt hatte – es hat ein bisschen was von einem kleinen Horrorkabinett.
Kleine Puppen- und Maskenkunde
Unser Rundgang startete bei den Masken, die zur Puppenspielkunst dazu zählen. Neben einer kleinen Einführung, was die Herausforderungen des Maskenspiels sind, gab es auch ein paar lustige Kostproben.
Danach waren die Handpuppen an der Reihe. Die Beherrschung eines guten Handpuppenspiels setzt wohl ziemlich viele Mittelhandübungen voraus. Die Dozentin konnte irgendwie ihr Handgelenk hin und her schlackern, ohne dabei die Finger oder den Arm zu bewegen, echt faszinierend. Und nun weiß ich auch, was Hohnsteiner Handspielpuppen sind. Im Prinzip die ganz klassischen Kasperletheaterpuppen, die inzwischen eher musealen Charakter haben, da deren Köpfe aus massivem Holz sind statt hohl und darum sehr schwer.
Außerdem gibt es Tischpuppen, Stabpuppen und Klappmaulpuppen. Ich weiß jetzt nicht, ob es einen Unterschied zwischen Klappmaul- und Bauchrednerpuppen gibt, aber die finde ich besonders gruselig. Nicht etwa wegen „Saw“, nein, da war ich ja schon ein großes Mädchen – kennt ihr den Film „Joey“ von Roland Emmerich von 1985? Boah ey, Albtraum!
Großpuppen
Als letztes führt die Tour zu den Großpuppen. Ihre Spielkunst stammt aus Japan, wo Puppenspiel ohnehin eine lange Tradition hat und als nationales Kulturerbe gilt. Dort werden die großen Figuren von 3-4 Menschen gleichzeitig bespielt: Füße, Steiß, Hände und Kopf. Wir bekamen auch eine kleine Großpuppen-Präsentation.
Und dann gibt es natürlich noch Marionetten, die ganz klein, aber auch sehr groß und schwer sein können. Die zu spielen kann dann auch körperlich eine echte Herausforderung sein.
Masken- und Puppenfundus – ein echter Geheimtipp
Also ich finde, dass diese Führung den Namen Geheimtipp echt verdient hat! Eine Stunde war viel, viel zu schnell vorbei. Es gab historische Infos, Puppen-Anekdoten, Spiel-Kostproben, Infos zum Studiengang, Anfassen ist ausdrücklich erlaubt und das Ganze ist auch ein Träumchen für Fotograf*innen. Wo findet man sonst so dankbare Motive?
Also wer das nicht zu gruselig findet (ich kenne da jemanden), der sollte sich das mal ansehen. Obendrein ist die spannende Führung auch noch kostenlos. Im Moment findet sie wohl monatlich statt, ihr könnt euch ab 10 Tage vor dem Termin einfach online ein Ticket reservieren. Alle Infos und die nächsten Termine findet ihr hier. Oder ihr geht mal zum Tag der offenen Tür.
Und hier noch ein kleines Ratespiel: Wer ist die linke Puppe im Bild?
Lust auf mehr? Dann besucht eine Führung durch das traditionsreiche Berliner Ensemble, wo ihr ebenfalls durch den beeindruckenden Maskenfundus geführt werdet.